Die seit Monaten von Gewalt geprägte Lage in Venezuela droht weiter zu eskalieren. Staatschef Nicolas Maduro warf seinen Gegnern am Dienstag (Ortszeit) einen "terroristischen Angriff" vor und versetzte die Armee in Alarmbereitschaft. Ein Polizeihubschrauber habe Granaten auf das Gebäude des Obersten Gerichts gefeuert, sagte Maduro. Auch das Innenministerium sei beschossen worden. Die Opposition rief zu weiteren Protesten gegen den Präsidenten auf.

Der Helikopter habe zwei Granaten über dem Gerichtsgebäude in der Hauptstadt abgeworfen, sagte Maduro in einer aus dem Präsidentenpalast Miraflores übertragenen Rede. Eine der Granaten sei nicht explodiert. Verletzte habe es nicht gegeben. Zum Zeitpunkt des Angriffs habe im Gerichtsgebäude ein Empfang stattgefunden. Die Angreifer "hätten eine Tragödie auslösen können", sagte Maduro.

Der Hubschrauber sei zudem über das Innenministerium sowie über das Justizministerium geflogen, sagte Maduro weiter. Auf das Innenministerium seien 15 Schüsse abgefeuert worden. "Ich habe die gesamten Streitkräfte aktiviert, um den Frieden zu verteidigen", sagte der Staatschef, der seit fast drei Monaten mit Massenprotesten konfrontiert ist. Die Besatzung des Hubschraubers werde "sehr bald" gefasst werden.

Die Regierung forderte die Oppositionspartei MUD und die katholische Kirche auf, den Vorfall "entschieden zu verurteilen und sich von der Gewalt zu distanzieren". Die MUD reagierte zunächst nicht. Einer ihrer Anführer, Freddy Guevara, schrieb im Kurzbotschaftendienst Twitter, es gebe "keine ausreichenden Informationen über den Helikopter". Er rief die Oppositionsanhänger zu weiteren Demonstrationen auf.

Laut Maduro wurde der Hubschrauber von einem Ex-Polizisten gesteuert, der als Pilot für seinen ehemaligen Innen- und Justizminister Miguel Rodriguez Torres gearbeitet hatte. Maduro hatte dem früheren General vorgeworfen, einen Staatsstreich gegen ihn geplant zu haben. Rodriguez nannte den Vorwurf, er habe Verbindungen zum US-Geheimdienst CIA, am Dienstag "albernes Geschwätz".

Ölpreis als Auslöser

In sozialen Netzwerken wurden Fotos verbreitet, die einen von zwei Piloten geflogenen Hubschrauber mit einem regierungskritischen Spruchband über Caracas zeigten. Örtliche Medien veröffentlichten ein Video, das einen der beiden Männer zeigen soll. Darin fordert dieser, "gegen die Tyrannei" zu kämpfen. "Präsident Maduro, wir fordern Deinen sofortigen Rücktritt (...) und dass Wahlen angesetzt werden", sagt der Mann, der sich als Polizist vorstellt. Der Mann ruft in dem Video zu weiteren Protesten auf.

In Venezuela gehen seit dem 1. April beinahe täglich tausende Menschen auf die Straße, um den Rücktritt Maduros zu fordern. Bei den Protesten wurden bisher 77 Menschen getötet und mehr als tausend weitere verletzt. Die konservative und rechtsgerichtete Opposition kämpft für eine Amtsenthebung Maduros. Sie macht ihn für die schwere Wirtschaftskrise verantwortlich, die zu dramatischen Versorgungsengpässen geführt hat.

Auslöser der schweren Krise war jedenfalls der Ölpreisverfall: 2016 brach die Wirtschaftsleistung um rund 18 Prozent ein. Rund 95 Prozent der Exporteinnahmen kommen schließlich aus dem Ölverkauf. Zudem gibt es in Venezuela die höchste Inflation der Welt - es fehlen Devisen, um ausreichend Lebensmittel und Medikamente im Ausland einzukaufen.