Kataloniens Separatisten gehen in die Offensive. Nach der jüngsten Weigerung der spanischen Zentralregierung von Premier Mariano Rajoy (PP), auch nur Verhandlungen über eine mögliche Volksbefragung über die Loslösung Kataloniens von Spanien zu akzeptieren, kündigte Kataloniens separatistischer Ministerpräsident Carles Puigdemont am Freitag ein einseitiges Unabhängigkeitsreferendum an.

Bereits am 1. Oktober werde man ohne Erlaubnis Madrids die Urnen aufstellen. Die Frage wird lauten: "Sind Sie dafür, dass Katalonien ein unabhängiger Staat in Form einer Republik wird?". Carles Puigdemont versicherte, man hätte die Volksbefragung lieber zusammen mit der spanischen Zentralregierung durchgeführt: "Wir haben alles versucht, eine legale und demokratisch legitime Volksbefragung über die Zukunft Kataloniens auszuhandeln, erhielten als Antwort jedoch immer wieder eine Ablehnung. Nun nehmen wir die Geschicke unserer Nation selber in die Hand."

Nicht zulassen

Spaniens konservativer Ministerpräsident Rajoy (Volkspartei/PP) stellte hingegen immer klar, mit der separatistischen Regionalregierung aus Barcelona über viel verhandeln zu wollen, sogar über mehr Autonomierechte und mehr Steuergelder, aber nicht über die "nationale Einheit". "Ich werde ein solches Referendum nicht zulassen", so Rajoy vehement.

Nun sind 5,5 Millionen Katalanen aufgerufen, darüber zu entscheiden, ob die wirtschaftsstarke Region im äußersten Nordosten des Landes sich von Spanien trennen soll oder nicht. Ob die Urnen jedoch wirklich am 1. Oktober in Katalonien aufgestellt werden, bleibt abzuwarten. Spaniens konservativer Justizminister Rafael Catala erklärte bereits im Vorfeld, die Regierung habe Mittel und Wege, ein illegales Unabhängigkeitsreferendum zu verhindern.

"Tatsächlich hat die Zentralregierung dabei das Recht auf ihrer Seite. Laut der spanischen Verfassung hat eine autonome Region weder das Recht, sich einseitig unabhängig zu erklären, noch ein Unabhängigkeitsreferendum durchzuführen", erklärte der Verfassungsrechtler Joan Luis Francesc im APA-Gespräch.

Nicht nocheinmal

Die spanische Zentralregierung ließ bereits die unverbindliche Volksbefragung vom 9. November 2014 vom Verfassungsgericht verbieten, ging aber nicht gegen die illegale Durchführung vor. "Dazu wird es diesmal nicht mehr kommen", kündigte Spaniens stellvertretende Regierungschefin Soraya Saenz de Santamaria an. Wenn Puigdemont nach schottischem Vorbild ein Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien durchführen möchte, solle er nach Madrid kommen und versuchen, hier im spanischen Parlament eine Mehrheit dafür zu bekommen.

Solch ein Versuch ist natürlich schon vor vornherein zum Scheitern verurteilt. Selbst der neue sozialistische Oppositionsführer Pedro Sanchez, ein erklärter Widersacher Rajoys, bot dem Regierungschef bereits seine Unterstützung gegen die separatistische Herausforderung aus Barcelona an. Selbst wenn die linke Protestpartei Podemos und die baskischen Nationalisten der PNV sich für das Referendum aussprächen, mit Konservativen, Sozialisten und den liberalen Ciudadanos gibt es im Parlament eine überwältigende Mehrheit gegen den katalanischen Unabhängigkeitsprozess".

Die Fronten sind geklärt. Bereits am Sonntag wollen die Separatisten eine erste Kraftprobe geben und in Barcelona unter dem Motto "Für die Demokratie, Referendum" eine Massendemonstration veranstalten, auf welcher der ehemalige Star-Fußballtrainer des FC Barcelona, Pep Guardiola, ein Manifest für die Unabhängigkeit vorlesen wird. Guardiola, heute Trainer von Manchester City, ist ein bekennender Separatist.

Man werde diese Volksbefragung auch ohne die Erlaubnis Madrids durchführen. Das sei man der Mehrheit der katalanischen Bevölkerung schuldig, die für das Selbstbestimmungsrecht unserer Nation eintritt, so Puigdemont, der mit einer separatistischen Mehrparteien-Allianz in Katalonien regiert.

"Puigdemont hat Recht. Die Mehrheit der Katalanen möchte ein solches Referendum. Doch er setzt das mit dem Wunsch nach Unabhängigkeit gleich, was nicht stimmt. Die Mehrheit der Katalanen will sich nicht von Spanien lösen", erklärt der spanische Politologe Pablo Simon der APA.

Die Umfragen geben ihm Recht. Laut jüngster Statistiken sprechen sich nur 44 Prozent für die Loslösung von Spanien aus. 49 Prozent wollen, dass Katalonien gerade in politisch und wirtschaftlich unsicheren Zeiten wie diesen auch weiterhin zu Spanien gehört.