Die Türkei unter Recep Erdogan hat jetzt den Spieß umgedreht. Aus Verärgerung über Österreichs Blockade der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ist Österreich aus dem militärischen Kooperationsprogrammen der Nato herausgeflogen. Eine entsprechende Frist ist nach Informationen der Kleinen Zeitung um 18 Uhr abgelaufen. Wegen des bevorstehenden Besuchs von US-Präsident Donald Trump hat man in Brüssel reinen Tisch gemacht und, wie ein Insider sagt, sich des "lästigen Problems" entledigt.

Konkret wird das Partnerschaftsprogramm der Nato so umgewandelt, dass die Allianz nun Sonderverträge mit den einzelnen Nichtmitgliedern eingeht. Da aber die Türkei ein Veto gegen Österreich einlegt, wird Österreich, das weiterhin Nato-Partner bleibt, künftig von gemeinsamen Ausbildungs- und Trainingsprogrammen ausgeschlossen. Das umfasst Ausbildungskurse, Seminare, Konferenzen  etwa auf dem Gebiet der Cyber-Security oder der Terrorismusbekämpfungen.

Schlimmer sind die mittelfristigen Auswirkungen: Da gemeinsame Trainingsprogramme nicht mehr möglich sind, könnten die österreichischen Einsätze im Kosovo oder in Afghanistan ab dem Jahr 2018 gefährdet sein. Das Bundesheer könnte dann keine neuen Kontingente zu Friedensmission auf den Balkan schicken.

In einer ersten Reaktion meint ein hoher Nato-Vertreter zur Kleinen Zeitung. "Wir beenden nicht die Kooperation mit Österreich. Österreich ist seit langem ein Nato-Partner, und wir würdigen den Beitrag der Österreicher zu unserer gemeinsamen Sicherheit. Unsere Reform zielt darauf ab, dass alle Partner mit der Nato kooperieren können. Wir hoffen, dass die bilateralen Fragen zwischen Österreich und der Nato so rasch wie möglich gelöst werden."

Bisher gab es nur einen Gesamtabschluss des Programms aller Partnerländer mit der NATO, künftig soll es möglich sein, dass die Länder individuelle Partnerschaftsprogramme abschließen. Mit dem heutigen Dienstag endete die Frist. Dies bringt zwar eine Lösung für die anderen betroffenen Staaten, Österreich wird von der Türkei aber weiterhin blockiert.

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ): "Die Türkei gefähret die Sicherheitsinteressen Europas"
Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ): "Die Türkei gefähret die Sicherheitsinteressen Europas" © APA/HANS PUNZ

"Das Vorgehen der Türkei innerhalb der NATO verurteile ich aufs Schärfste", reagierte Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil am Dienstag gegenüber der APA empört. "Es ist Österreich gegenüber unverantwortlich und bestärkt mich einmal mehr in der Annahme, dass die Türkei derzeit weit davon entfernt ist, der EU anzugehören." Die Türkei "gefährdet damit die Sicherheitsinteressen Europas", kritisierte Doskozil mit Verweis auf Auswirkungen auf die Friedenseinsätze am westlichen Balkan.

Auch Österreichische Europaabgeordnete haben den von der Türkei betriebenen Ausschluss Österreichs aus NATO-Partnerschaftsprogrammen kritisiert und vor einer Gefährdung von Auslandseinsätzen gewarnt. ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas rief zur Besonnenheit auf. Der SPÖ-Europaabgeordnete Eugen Freund forderte, die NATO dürfe sich von der Türkei nicht erpressen lassen.

Karas zeigte kein Verständnis für das kolportierte Bestreben des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogans, die NATO-Partnerschaft für den Frieden künftig ohne Österreich fortzusetzen. "Denn wir haben traditionell enge Beziehungen und eine gewachsene Verantwortung, die wir auch in Zukunft wahrnehmen werden. Wir schlagen keine Türen zu und erwarten dies auch nicht von der Türkei."