Es gebe zwei Möglichkeiten, die Euro-Zone zu stärken, so Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im Gespräch mit "La Republicca". Das eine sei eine Veränderung der Verträge, das andere  seien pragmatische, zwischenstaatliche Lösungen. Wenn nichts geschehe, werde Europa zerbröseln, so Schäuble. Also sei es die zweitbeste Lösung, den ESM-Vertrag, also den Vertrag über den Euro-Rettungsfonds, weiterzuentwickeln.

Macron hat den Franzosen im Wahlkampf versprochen, für eine Integration der Euro-Zone einzutreten. Seine Vorschläge:

  • ein Euro-Zonen-Finanzminister
  • ein gemeinsamer Haushalt der Euro-Zone
  • soziale Mindeststandards in der EU
  • gemeinsame Anleihen der Euroländer

Die Stärkung des neugewählten französischen Präsidenten Emmanuel Macron bei den Parlamentswahlen im Juni, und damit das Ausmaß seiner Handlungsfähigkeit, hängt wesentlich davon ab, wie sehr es ihm gelingt, mit seinem Versprechen glaubwürdig zu sein. Und das wiederum hängt vor allem davon ab, wie das starke Deutschland auf seine Vorschläge reagiert.

Von Politikern aus CDU und FDP war nach der Wahl zunächst Kritik an seinen Plänen gekommen. Nebst Verweis darauf, Macron möge zunächst einmal den französischen Haushalt konsolidieren. SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz hingegen kündigte an, Macrons Pläne zu unterstützen.

Macron will die EU demokratisieren, also den Menschen das Gefühl geben, dass die Länder mehr mitzureden haben in Brüssel. Auf diesen Wunsch, ein Parlament der Euro-Zonen-Länder zu schaffen, dem jene Abgeordneten des EU-Parlaments angehören, die aus den Euro-Staaten stammen, geht Schäuble ein. Er könne sich das vorstellen. Und dieses Parlmaent für die Euro-Zone könne dann auch Informationsrechte beim ESM haben.

Sozialunion

Informationsrechte sind noch keine Mitbestimmungsrechte, und auf die Sozialunion geht Schäuble gar nicht ein. Aber ein erster Schritt ist getan. Schäuble: "Deutschland hat nur eine gute Zukunft, wenn es Europa gut geht."

In vielen Ländern wird auch der Wunsch aufgegriffen, nicht nur wirtschaftliche sondern auch soziale Standards zu vereinheitlichen. Von Kritikern wird das mit dem Argument abgetan, man könne nicht etwa in Rumänien dieselbe Mindestsicherung gewähren wie in Österreich. Aber davon ist in den Vorschlägen auch keine Rede. Die Mindeststandards könnten etwa an die örtliche Kaufkraft in den Ländern gebunden sein.

Macron hat schon als seinerzeitiger Außenminister im jahr 2015 gemeinsam mit seinem damaligen Amtskollegen Sigmar Gabriel (SPD) aufhorchen lassen: Die beiden schlugen vor, die Mindestlöhne innerhalb eines von Brüssel zu fixierenden Korridors festzulegen und andererseits die Körperschaftssteuern in der Eurozone, also die Besteuerung der Unternehmen, zu harmonisieren. Ein kleiner Teil dieser Einnahmen soll in einem gemeinsamen Topf wandern, gemeinsam mit Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer, als Vorstufe zu einem gemeinsamen Budget für die Euro-Zone.

In Österreich arbeitet der frühere Delegationsleiter der SPÖ-EU-Abgeordneten, Minister Jörg Leichtfried, gemeinsam mit Altkanzler Franz Vranitzky (SPÖ) an einem "Plan E". Er nannte als Schwerpunkte für den österreichischen Ratsvorsitz im Herbst 2018 "ein sozialeres Europa" und "ein ökologisches Europa".

Jörg Leichtfried: Arbeitet an einem "Plan E": Europa soll auch zu einer Sozialunion werden
Jörg Leichtfried: Arbeitet an einem "Plan E": Europa soll auch zu einer Sozialunion werden © APA/GEORG HOCHMUTH

"Kein Weg an mir selbst vorbei"

Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hofft darauf, dass Macron die Euro-Zone voranbringt, mit Blick auf die Schulden, die in vielen Ländern, auch in Frankreich, seit Jahren über der in den EU-Verträgen erlaubten Obergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen.

Auf die Frage, ob Macron sein neuer Lieblingseuropäer sei, antwortete Juncker: "Wenn die Frage nach meinem Lieblingseuropäer aufkommt, finde ich nur schwer den Weg an mir selbst vorbei."

Ist Emmanuel Macron der Lieblingseuropäer von Jean-Claude Juncker? Wenn es um seinen Lieblingseuropäer gehe, " finde ich nur schwer den Weg an mir selbst vorbei".
Ist Emmanuel Macron der Lieblingseuropäer von Jean-Claude Juncker? Wenn es um seinen Lieblingseuropäer gehe, " finde ich nur schwer den Weg an mir selbst vorbei". © AP