Die Vorschläge Österreichs in der Flüchtlingspolitik werden in der Europäischen Union "kaum noch ernst genommen". Das sagte der "Vater" des EU-Türkei-Flüchtlingsdeals, Gerald Knaus, im Gespräch mit dem ORF-"Report" vom Dienstagabend und dem Ö1-Morgenjournal vom Mittwoch.

"Scheinlösung"

"Die Antwort kann nicht sein, indem man gleich alle zurückschickt, ohne zu erklären, wohin, wie, wie geht das rechtlich, wie steht das im Einklang mit dem Gebot der Flüchtlingskonvention, Leute nicht ohne Schutz zurückzuschicken", sagte Knaus im "Report". "Wer auf diese Fragen keine Antworten gibt, wird nicht ernst genommen." Der österreichische Experte hält die etwa von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) favorisierten EU-Aufnahmezentren in Nordafrika dementsprechend für eine "Scheinlösung": "Es gibt kein einziges Land in Nordafrika, das in der Lage oder bereit wäre, solche Lager einzurichten."

Stattdessen fordert der Vorsitzende des Think Tanks "Europäische Stabilitätsinitiative" (ESI) einen "Malta-Plan" unter der derzeitigen EU-Ratspräsidentschaft von Malta: Das soll ein System europäischer Asylmissionen an Europas Südgrenze, die "schnell qualitätsvolle EU-Asylverfahren durchführen könnten", ebenso beinhalten, wie eine funktionierende Rückführung in die Herkunftsländer. Dafür seien Rücknahmeabkommen insbesondere mit westafrikanischen Staaten wie Senegal, Nigeria oder die Elfenbeinküste (Cote d'Ivoire) notwendig, bei gleichzeitiger Verpflichtung der EU, legale Wege der Einreise für "ein paar Tausend Leute" pro Jahr zu ermöglichen. Knaus erwartet, dass durch dieses System die Zahl der Flüchtlinge deutlich sinken würde.

Der Experte verteidigte gleichzeitig den von ihm mitentworfenen EU-Flüchtlingsdeal mit der Türkei: Dieser zeige zwar "insgesamt eine durchwachsene Bilanz, aber es gibt keine Alternative": "Wenn das Abkommen heute aufgekündigt würde, dann hätte Griechenland sofort eine große humanitäre Krise." Auch die Politiker in Österreich wüssten, "dass die Schließung der Balkanroute nur funktioniert, solange es ein Abkommen mit der Türkei in der Ägäis gibt", betonte Knaus.