Nach dem Brexit-Schock bekommt die EU einer neuen Umfrage zufolge wieder Boden unter den Füßen. 57 Prozent der EU-Bürger bewerten die EU-Mitgliedschaft positiv, ergab eine am Freitag vom Europaparlament veröffentlichte Umfrage, das sind um vier Prozentpunkte mehr als im vergangenen September. Bemerkenswert: In neun Staaten, darunter Österreich, ist die EU-Zustimmung geringer als in Großbritannien.

In der Umfrage bezeichneten 49 Prozent der befragten Briten die EU-Mitgliedschaft ihres Landes als "gute Sache". In Österreich stimmten dieser Aussage nur 42 Prozent der Befragten zu, schlechtere Werte gab es nur in Kroatien (36 Prozent), Italien (35 Prozent), Griechenland (34 Prozent) und Tschechien (33 Prozent). Ebenfalls EU-skeptischer als die Briten sind die Ungarn (48 Prozent), Zypern, Slowenien und Lettland (jeweils 45 Prozent).

Luxemburger sind begeistert von der EU

Besonders stark ist die EU-Begeisterung in Luxemburg (84 Prozent), Irland (81 Prozent) sowie den Niederlanden und Deutschland (jeweils 79 Prozent). In Frankreich, wo die Wähler am Sonntag kommender Woche eine Richtungsentscheidung zwischen der Rechtspopulistin Marine Le Pen und dem pro-europäischen Sozialliberalen Emmanuel Macron treffen, bezeichneten 53 Prozent der Befragten die EU-Mitgliedschaft als "gute Sache".

Mit der Entwicklung der Europäischen Union sind die Europäer aber alles andere als zufrieden. Nur 25 Prozent der Befragten gaben an, dass sich die EU in die richtige Richtung entwickle (Österreich: 24 Prozent). Große Mehrheiten der Europäer wünschen sich mehr europäische Kooperation beim Kampf gegen Terrorismus (80 Prozent) und Arbeitslosigkeit (78 Prozent), beim Umweltschutz (75 Prozent) und beim Schutz der Außengrenzen (70 Prozent). Die Österreicher sind diesbezüglich etwas zurückhaltender, mit Werten von 71, 72, 65 bzw. 68 Prozent.

Österreicher meinen, Wien beeinflusse Brüssel

Überdurchschnittlich ist hingegen die Unterstützung der Österreicher für ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten. 56 Prozent der Österreicher bejahten die Frage, ob eine Gruppe von EU-Staaten ihre Integration vorantreiben sollte, ohne auf alle Staaten zu warten. Im europäischen Durchschnitt sind nur 49 Prozent dafür, skeptisch sind vor allem die ärmeren süd- und osteuropäischen Staaten.

Bemerkenswert ist auch, dass die Österreicher ein vergleichsweise positives Bild vom österreichischen Einfluss in der Europäischen Union haben. 65 Prozent der Österreicher gaben an, dass die Stimme Österreichs in der Europäischen Union zähle (EU-Durchschnitt: 63 Prozent). Wenig überraschend die geringste Zustimmung zu dieser Aussage gab es in Griechenland (17 Prozent), die größte Zustimmung in Deutschland (93 Prozent).

Die Umfrage wurde zwischen 18. und 27. März unter 27.901 EU-Bürgern im Alter ab 15 Jahren durchgeführt. Pro Mitgliedsstaat wurden vom Institut Kantar Public jeweils etwa 1.000 Menschen in persönlichen Gesprächen befragt, die statistische Schwankungsbreite wurde zwischen 1,9 und 3,1 Prozent angegeben.