Wenn Papst Franziskus heute an den Nil aufbricht, steht gleich zu Beginn der zweitägigen Reise ein offizieller Auftritt in der Al-Azhar, der ältesten, bedeutendsten Lehranstalt des sunnitischen Islam auf dem Programm. Für deren Chef Ahmed al-Tayyeb ist der Besucher aus Rom „eine Person, die in ihrem Herzen den Respekt für andere Religionen trägt“.


Doch die Visite des Oberhaupts der katholischen Kirche fällt in aufgewühlte Zeiten. Noch nie zuvor haben islamische Gewalttäter ihre Religion so systematisch in Verruf gebracht. Noch nie waren Existenz und Überleben der christlichen Minderheiten im Orient so gefährdet wie heute.

In Kairo, Tanta und Alexandria töteten Selbstmordattentäter in einer Terrorserie 75 Gottesdienstbesucher. Zusammen mit dem Kopten-Papst Tawadros II. will Franziskus zur St. Peter und Paul Kirche gehen, um für die 29 Christen zu beten, die kurz vor Weihnachten von einer Bombe zerfetzt wurden.


Dagegen bezweifeln viele in Ägypten lebende Christen, dass engere offizielle Kontakte zwischen Al-Azhar und Vatikan ihr Zusammenleben mit den Muslimen verbessern könnte. „Das ganze ist nur ein formelles Treffen“, urteilt der koptische Publizist Kamal Zakher. Greifbare Ergebnisse erwarte er davon nicht.

Seiner Meinung nach sollte Al-Azhar ihren religiösen Diskurs von Grund auf erneuern, ehe sie mit anderen Religionen Gespräche aufnehme. Dagegen sehen Kairoer Ordensbrüder des Papstes, wie der Jesuit Bimal Kerketta, die Lage positiver. Der Besuch von Franziskus sei ein gutes Zeichen, da er die Kontakte zum Islam neu belebe. „Was die tägliche Praxis angeht, ist noch ein sehr langer, schwieriger Weg.“ Der christlich-islamische Dialog sei eine Sache von Spezialisten. „Im Alltag kommt davon kaum etwas an.“


Wegen der Terrorgefahr gilt die höchste Sicherheitsstufe am Nil, auch wenn sich Franziskus weigert, im Papamobil mit schusssicheren Scheiben durch Kairo zu fahren. „Darin fühle ich mich wie in einer Sardinenbüchse“, sagte der 80-Jährige. Höhepunkt ist am morgigen Samstag eine Gottesdienst im Stadium der Luftwaffe auf einem Militärgelände am Stadtrand Kairos.