Die EU-Kommission hat am Mittwoch erwartungsgemäß Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet. Dabei geht es um zwei Bereiche. Einerseits um das umstrittene Hochschulgesetz und zum anderen um den Fragebogen Ungarns betreffend "Stop Brüssel". Der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, erklärte dazu, beim Fragebogen seien "einige Angaben entweder falsch oder irreführend".

Deshalb sei es der Kommission darum gegangen, "das zu berichtigen und Antworten zu geben". Es müssten "einige Fehler korrigiert" werden. Konkret geht es in beiden Fällen um ein Mahnschreiben an Ungarn, doch sei dies der "erste Schritt" in einem Vertragsverletzungsverfahren.

Jedenfalls werde die Kommission "auch rechtlich tätig werden im Zusammenhang mit dem Hochschulgesetz". Außerdem stehe die Brüsseler Behörde "in Kontakt mit den ungarischen Behörden wegen anderer Probleme im Asylbereich". Hier verfolge die EU-Kommission "ganz genau den Entwurf des Asylgesetzes und der Registrierung von NGOs". Dombrovskis: "Auch da haben wir Probleme festgestellt".

Ungarns Regierungschef Viktor Orban hat am Mittwoch im Europaparlament die Vorwürfe der EU-Kommission zu Einschränkungen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie Freiheit der Wissenschaft und Forschung scharf zurückgewiesen. Dies seien "grundlose Anschuldigungen". Die zentraleuropäische Universität in Budapest sei "nicht in Gefahr". Die Umfrage zu "Stopp Brüssel" sei "ja wohl kein Verbrechen".

Jedenfalls "wird Ungarn den Kampf nie aufgeben", betonte Orban vor dem Vizepräsidenten der EU-Kommission Frans Timmermans und den Europaabgeordneten. Sein Land sei 2008 vom gleichen Stand gestartet wie Griechenland. "Ungarn hat sich an den IWF und die EU für Kredite gewandt. Seitdem haben wir das Geld vorzeitig und ohne Schulden zurückgezahlt und tausende Arbeitsplätze geschaffen. Wir sind auf dem Weg zur niedrigsten Arbeitslosenrate in der EU und zielen auf Vollbeschäftigung ab", machte er Werbung für den Werdegang Ungarns. Der Erfolg Ungarns sei auch ein Erfolg Europas und "die Union braucht Erfolge. Es wäre dumm, wenn wir aufgrund ideologischer Unterschiede nicht genügend darauf achten".

Die Anschuldigungen wegen der Schließung der zentraleuropäischen Universität des "US-Spekulanten" Georg Soros sei "absurd", so Orban. "Die Uni wird unter allen Umständen weiterhin funktionieren. Das ist ja so, als würde man jemand des Mordes beschuldigen und verurteilen, während das eigentliche Opfer weiterhin lebt". Ungarn habe lediglich eine "kleine Gesetzesänderung" gemacht, die 28 Universitäten betreffe. "Es geht um nichts anderes, als Spekulationen und Missbräuche" hintanzuhalten, "egal welcher reiche Mann ihr Eigentümer ist".