Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen wird das Präsidentenamt wohl nicht erobern in der Stichwahl am 7. Mai. Dennoch konnten die Kandidaten vom rechten und linken Rand des politischen Spektrums in der ersten Runde beachtenswerte Erfolge verbuchen.

Etwa vierzig Prozent der Wähler stimmten entweder für Le Pen oder den Altlinken Jean-Luc Melenchon. Und das bei einer hohen Wahlbeteiligung von um die 80 Prozent. Vier Gründe, die sowohl der Front-National-Chefin als auch dem linken Volkstribun Stimmen brachten:

SÜNDENBOCK BRÜSSEL: Für die EU-Feindin Le Pen ist die Sache klar. Neben der "massiven Einwanderung" sind auch die "Technokraten" aus Brüssel schuld an Frankreichs Problemen. Nur ein wenig freundlicher schaut Melenchon auf Brüssel. Er stört sich an den Sparvorgaben und wollte deshalb die europäischen Verträge neu verhandeln. Und wie anderswo in Europa widerstehen auch Politiker etablierter Parteien nicht immer der Versuchung, unangenehme Entwicklungen der Einfachheit halber der EU anzulasten.

WIRTSCHAFTSFLAUTE: Die hohe Arbeitslosenquote von 10 Prozent ist eines der größten Probleme Frankreichs. Bei jungen Leuten liegt die Quote sogar bei 23,6 Prozent. Die Konjunktur schwächelt. Soziale Ungleichheit treibt vor allem Melenchons Anhänger und die Unterstützer des abgeschlagenen Sozialisten Benoit Hamon um.

ENTTÄUSCHUNG ÜBER DIE MITTE: Sozialisten und Konservative, die sich bisher im Elyseepalast die Klinke in die Hand gaben, haben die Wähler abgestraft wie nie zuvor. Beide sind in der Stichwahl nicht dabei. Das dürfte auch als Rechnung für den als schwach geltenden, scheidenden Präsidenten François Hollande zu verstehen sein. Verachtung für den selbsterklärten konservativen Saubermann Francois Fillon, der dann aber teure Anzüge annahm und seine Frau scheinbeschäftigt haben soll, dürfte auch eine Rolle gespielt haben.

FRUST ÜBER ELITEN: Le Pens scharfe Attacken auf "die Kaste" fallen in Frankreich vielleicht auch deshalb auf fruchtbaren Boden, weil das System der Elitehochschulen lebenslange Seilschaften fördert. Zahlreiche Politik- und Wirtschaftsführer kommen etwa von der Verwaltungshochschule ENA - bis hin zu Staatschef Hollande.