"Wir haben Beweise dafür, dass es direkte Kontakte zwischen einigen Nichtregierungsorganisationen und Schleppern in Libyen gibt", sagte Carmelo Zuccaro der italienischen Tageszeitung "La Stampa" (Sonntag).

Dies gelte nicht für die größeren Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen oder Save the Children. "Bei anderen, wie der maltesischen Moas oder deutschen (Organisationen), die sich in der Mehrheit befinden, sieht das anders aus", sagte Zuccaro. Derzeit befinden sich mindestens zehn NGOs im Mittelmeer vor Libyen, darunter Jugend Rettet, Sea Watch, Sea-Eye, LifeBoat, SOS Mediterranee und Mission Lifeline aus Deutschland.

Ermittlungen eingeleitet

Staatsanwalt Carmelo Zuccaro
Staatsanwalt Carmelo Zuccaro © SCREENSHOT/YOUTUBE

Der Staatsanwalt der sizilianischen Metropolitanstadt Catania hat Ermittlungen zu den mutmaßlichen Verbindungen zwischen Helfern und Schleppern eingeleitet. Nach bisherigen Erkenntnissen würden Flüchtlingsboote unter anderem durch Lichtsignale in Richtung der Retter geleitet. Man wisse aber noch nicht, ob und wie diese Informationen in einem Gerichtsverfahren genutzt werden könnten, sagte Staatsanwalt Zuccaro.

Opposition fordert Klarheit

Die Opposition setzt die Regierung nun unter Druck. Die Oppositionsparteien forderten Innenminister Marco Minniti auf, vor dem Parlament über die Rolle der NGOs im Mittelmeer zu berichten.

"Wir werden dafür sorgen, dass das schmutzige Spiel der NGOs, die sich mit dem Flüchtlingsdrama bereichern, aufgedeckt wird", kommentierte der Fraktionschef der ausländerfeindlichen Oppositionspartei Lega Nord im Senat, Gian Marco Centinaio. Er rief Innenminister Minniti auf, vor dem Parlament über die Ermittlungen gegen die NGOs zu berichten.

Klage eingereicht

Die Lega Nord habe bereits bei den Justizbehörden eine Klage eingereicht, damit über die Rolle der NGOs im Mittelmeer ermittelt werde. Der Verdacht laute auf Beihilfe zu illegaler Einwanderung, Schlepperei und fahrlässiger Tötung.

Luigi Di Maio
Luigi Di Maio © AP

Ähnliche politische Positionen wie die Lega Nord vertritt die populistische Fünf Sterne-Bewegung um den Starkomiker Beppe Grillo. Die Gruppierung bezog sich auf einen Frontex-Bericht, in dem NGOs beschuldigt werden, mit Schleppern verstrickt zu sein. "In einem Frontex-Bericht werden NGOs sogar beschuldigt, Kriminelle an Bord ihrer Schiffe genommen zu haben. Wir wollen wissen, wer diese NGOs und ihre Schiffe finanziert, die im ganzen Mittelmeerraum unterwegs sind, um Flüchtlinge nach Italien zu bringen", sagte der Spitzenpolitiker der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio.

Scharfe Kritik

Di Maio, Vizepräsident der italienischen Abgeordnetenkammer, zog sich scharfe Kritik von Linksparteien zu. "Grillo und Di Maio vertreten die neue Rechte", so der Koordinator der Grünen, Angelo Bonelli. Er beschuldigte die Fünf Sterne-Bewegung, mit ausländerfeindlichen Kampagnen auf Stimmenfang in Hinblick auf die Kommunalwahlen am 11. Juni zu gehen. Über 1000 Gemeinden, darunter mehrere Großstädte wie Verona, Palermo und Genua, sind an diesem Tag zu den Urnen aufgerufen.

Kritik zurückgewiesen

In der Flüchtlingsrettung engagierte Nichtregierungsorganisationen haben Vorwürfe der italienischen Justiz zurückgewiesen, mit Schleppern im Mittelmeer zu kooperieren. "LifeBoat weist jegliche Anschuldigungen vehement zurück, Kontakte zu Personen oder Organisationen zu haben, die im libyschen "Schleppergeschäft" tätig sind", teilte die NGO der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag schriftlich mit.

Sea Watch-Sprecher Ruben Neugebauer verurteilte die Anschuldigungen von Staatsanwalt Carmelo Zuccaro als "unangemessen". "Er verbreitet falsche Vorwürfe hinsichtlich unserer humanitären Arbeit. Das beleidigt all unsere privaten Spender und alle Menschen, die unsere Arbeit ermöglichen."

Verleumdungsklage wird erwägt

Die Kampagne des Staatsanwalts gegen die NGOs spiele in die Hände politischer Parteien, die versuchten, die Mittelmeerroute zu schließen, sagte Neugebauer weiter. Seine Organisation erwäge eine Verleumdungsklage gegen Zuccaro. Auch die NGO Jugend Rettet wies die Vorwürfe zurück.