Ein Mitglied der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine ist am Sonntag getötet worden, einer weiteres Mitglied wurde verletzt. Das ließ Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) in seiner Funktion als amtierender Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa mitteilen. Demnach handelt es sich bei dem Getöteten um einen US-Amerikaner; die verletzte Person ist eine Deutsche.

Zu Tode kam der Beobachter nach OSZE-Angaben nahe der Ortschaft Prischib bei der Separatistenhochburg Luhansk, als ein Wagen der Mission auf eine Mine auffuhr, sagte ein Sprecher von Kurz der APA. Kurz forderte "volle Aufklärung" über den Vorfall. Die Aufständischen machten die ukrainische Armee für den Vorfall verantwortlich. Aus Kiew lag zunächst keine Stellungnahme vor.

Im Osten der Ukraine kämpfen ukrainische Regierungstruppen gegen Separatisten, die von Russland militärisch unterstützt werden. Ein Waffenstillstand wird nicht eingehalten. Die OSZE-Beobachter waren schon früher gefährlichen Situationen ausgesetzt, indem sie etwa unter Beschuss gerieten.

Mehr als 600 unbewaffnete OSZE-Beobachter aus Dutzenden Ländern sind in der Konfliktregion im Einsatz, darunter 13 Österreich. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, unabhängige Berichte über Verletzungen des Waffenstillstands zu erstellen. Die Mission gibt es seit März 2014.

Schock für die ganze OSZE

Leiter der Ukraine-Mission SMM ist der türkische Diplomat Ertugrul Apakan, mit dem Kurz telefoniert habe, so der Sprecher. Auf Twitter schrieb Kurz: "Der Tod eines Kollegen ist ein Schock für die ganze OSZE." Die Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen.

Im Ukraine-Konflikt sind seit dem Frühjahr 2014 gemäß UNO-Schätzungen mehr als 10.000 Menschen getötet worden. Die EU verhängte wegen der Unterstützung der Rebellen umfassende Sanktionen gegen Russland.

Als Auslöser des Konflikts gelten der Regierungswechsel in Kiew nach monatelangen prowestlichen Protesten und die Annexion der Halbinsel Krim durch Russland. Aufständische in den Gebieten Donezk und Luhansk erklärten ihre Unabhängigkeit von der Ukraine. Kiew reagierte zunächst verhalten, schickte aber später Truppen in einen "Anti-Terror-Einsatz" genannten Krieg. Durch den Konflikt hat Kiew die Kontrolle über knapp 400 Kilometer Grenze zu Russland verloren. Nachschub und Kämpfer können ungehindert ins Land kommen. Russland weist Vorwürfe entschieden zurück, die Aufständischen mit Kriegsgerät oder Soldaten zu versorgen.

Im September 2014 einigten sich Kiew und die Separatisten auf eine Waffenruhe, die aber nicht lange hielt. In der weißrussischen Hauptstadt Minsk entstand ein grob skizzierter Friedensplan. Im Februar 2015 wurde unter Vermittlung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und des französischen Präsidenten Francois Hollande ein konkreter "Maßnahmenplan" ausgehandelt. Bis heute sind jedoch weder die mehrfach erklärte Waffenruhe noch der Abzug von schwerem Kriegsgerät umgesetzt. An der über 500 Kilometer langen Front stehen Schätzungen zufolge bis zu 50.000 schwer bewaffnete Separatisten etwa 65.000 Regierungssoldaten gegenüber.