Trotz des Scheiterns ihres Antrags zum künftigen Kurs der deutschen Partei AfD zieht Parteichefin Frauke Petry vorerst keine persönlichen Konsequenzen. Am Rande des Parteitags in Köln nannte Petry am Samstag den Verzicht auf eine Richtungsentscheidung einen Fehler. Sie behalte sich vor, in den kommenden Monaten des Wahlkampfs zu beobachten, wie sich der Weg der Partei ohne eine solche Klärung gestalte.

Dies werde sie "als Parteivorsitzende, die ich bin und bleibe" tun. Auch mit Blick auf das Spitzenteam für den Wahlkampf behalte sie sich vor, "mich zurückzuhalten". Solange die Partei nicht erkennen lasse, wohin ihr Weg gehe, müssten diejenigen Wahlkampf führen, die eine Kursklärung ablehnten.

Delegierte schmettern Vorstoß ab

Die 600 Delegierten hatten zuvor entschieden, zusätzliche Tagesordnungspunkte gar nicht zuzulassen. Damit war neben Petrys "Zukunftsantrag" auch ein Vorstoß des Bremer Landesverbandes vom Tisch, das vom Bundesvorstand angestrebte Parteiausschlussverfahren gegen den Thüringer Fraktionschef Björn Höcke nicht weiter zu verfolgen.

Petry wollte ihre Partei auf einen "realpolitischen Kurs" festlegen. Das lehnt der rechtsnationale Flügel der Partei um den Rechtsaußen Höcke ab. Die Frage gilt auch als Machtprobe zwischen Petry und ihren Rivalen um Parteivize Alexander Gauland und Co-Parteichef Jörg Meuthen.

Köln im Ausnahmezustand

Nur unter massivem Polizeischutz hatten die Delegierten des AfD-Bundesparteitags das Tagungshotel in Köln erreicht. Rund um den Veranstaltungsort in der Innenstadt waren am Samstag Hunderte Demonstranten aufgezogen, die mit Sprechchören, Transparenten, Pfiffen und Blockaden gegen die rechtspopulistischen Politiker protestierten. Dabei kam es immer wieder zu Rangeleien mit der Polizei.

Ein Polizist wurde im Gesicht verletzt, woraufhin ein Verdächtiger vorläufig festgenommen wurde.

Linksgerichtete Demonstranten haben am Samstag vor Beginn des AfD-Bundesparteitags in Köln versucht, Delegierte am Betreten des Tagungshotels zu hindern. Die Polizei war mit einem Großaufgebot an Ort und Stelle und eskortierte einzelne AfD-Mitglieder zu den Durchlass-Stellen am Heumarkt in der Kölner Innenstadt.

Nach Darstellung des Bündnisses "Solidarität statt Hetze" wurde die Anreise der AfD-Delegierten durch die Gegenaktionen "massiv verzögert". An den Blockaden beteiligten sich etwa 3.000 Menschen, teilte das Bündnis mit. Insgesamt sind für die unterschiedlichen Demonstrationen im Laufe des Tages etwa 50.000 Teilnehmer angemeldet.

Proteste drinnen und draußen

Der AfD-Bundesparteitag an diesem Wochenende in Köln birgt ein großes  Streitpotenzial. Das liegt einerseits an den großen Protestkundgebungen mit Zehntausenden Demonstranten, aber auch im Saal dürften die Fetzen fliegen.

Frauke Petry
Frauke Petry © AP

Spaltung oder Versöhnung? Erneut soll also der Parteitag die Macht- und Richtungsfrage in der AfD klären. Nach der Absage von AfD-Chefin Frauke Petry wollen andere Führungsleute in der rechtspopulistischen deutschen Partei keinesfalls gänzlich auf die Aufstellung eines Spitzenteams für den Bundestagswahlkampf in Deutschland verzichten. Die stellvertretende AfD-Vorsitzende Beatrix von Storch plädierte für ihre Vorstandskollegen Alexander Gauland und Alice Weidel als Teil eines Spitzenteams.

Vor AfD-Bundesparteitag
Vor AfD-Bundesparteitag © APA/dpa/Rolf Vennenbernd

Der Brandenburger AfD-Fraktionsvorsitzende Gauland kreidete der Parteichefin Petry erneut an, die AfD in einen realpolitischen und einen fundamentalistischen Teil auseinanderdividieren zu wollen. "Ich habe nie eine Fundamentalopposition gefordert, wie mir das Frauke Petry unterstellt", sagte er der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten".

Falls sich an diesem Wochenende die zerstrittenen Lager trennen, wäre es die zweite Spaltung binnen zwei Jahren. Im Juli 2015 folgte der Essener AfD-Parteitag dem nationalkonservativen Flügel, der sich damals hinter Frauke Petry sammelte.

Parteigründer Bernd Lucke als Vertreter des bürgerlich-liberalen Flügels wurde abgewählt und von Petry-Anhängern regelrecht aus dem Saal gebuht. Zu Luckes Gegenspielern zählten damals auch Alexander Gauland, inzwischen härtester Widersacher Petrys, und der nordrhein-westfälische Landeschef Marcus Pretzell, inzwischen der Ehemann Petrys.

Köln in weiten Teilen lahmgelegt

Bereits im Vorfeld: Großes Polizeiaufgebot in Köln
Bereits im Vorfeld: Großes Polizeiaufgebot in Köln © APA/AFP/ODD ANDERSEN

Nach Polizeiangaben wurden Demonstrationen mit insgesamt rund 50.000 Menschen angemeldet - viele davon wollen in Sichtweite des Hotels ihre Kundgebungen abhalten. Zugleich rechnet die Polizei damit, dass auch Gewalttäter aus dem linksextremen Spektrum nach Köln kommen könnten. "Wir machen uns große Sorgen", sagte Polizeipräsident Jürgen Mathies. Im Internet gebe es Aufrufe, in denen von "Feuer statt Konfetti" und einer "Hölle von Köln" die Rede sei.