Die US-Armee hat gestern Aufnahmen des Einschlags jener Riesen-Bombe für die Öffentlichkeit freigegeben, bei deren Abwurf nach Behördenangaben mindestens 36 Kämpfer der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) getötet wurden. Wie das afghanische Verteidigungsministerium am Freitag mitteilte, wurden bei dem Angriff mit der größten nicht-nuklearen Bombe des US-Militärs im Osten des Landes Verstecke der Islamisten sowie ein Tunnelkomplex zerstört. Es habe keine zivilen Opfer bei dem Bombenangriff vom Donnerstag gegeben.

Beobachter gingen davon aus, dass der Einsatz der Bombe unter anderem als Machtdemonstration der USA gegenüber Russland zu verstehen sei. Mit einer für heute angesetzten großen Afghanistan-Konferenz versucht Russland seinen Einfluss auf die Entwicklungen am Hindukusch zu festigen. Es ist schon das zweite Treffen in diesem Jahr. Experten aus zehn Staaten beraten am Freitag in Moskau über die wachsende Unsicherheit in Afghanistan und den Friedensprozess mit den radikalislamischen Taliban. Großmächte wie Russland und China sitzen am Tisch, und sogar zerstrittene Nachbarn wie Indien und Pakistan sowie die fünf Ex-Sowjetrepubliken aus Zentralasien sind dabei.

Einschlag in Achin in der Region Nangarhar im Osten Afghanistans

Nur die USA haben abgesagt. Die Beziehungen zwischen Russland und den USA sind gespannt. Manche beschwören schon eine Neuauflage des sogenannten Great Game - des Großen Spiels. So wurde ein historischer Konflikt zwischen Russland und Großbritannien um die Kontrolle Zentralasiens bezeichnet. Während des US-gestützten Kampfs der Afghanen gegen die Sowjetunion in den 1980er-Jahren wurde der Begriff wieder aufgewärmt.

Über die Auswirkungen der US-Bombe mit einer Sprengkraft von elf Tonnen TNT war zunächst nichts bekannt gewesen. Es war das erste Mal gewesen, dass die US-Streitkräfte die Bombe des Typs GBU-43/B Massive Ordnance Air Blast (MOAB) einsetzten. Abgeworfen wurde der mehrere Meter lange Sprengkörper nach Angaben des Pentagons von einer MC-130-Transportmaschine im Bezirk Achin in der Provinz Nangarhar.

Dort war am vergangenen Wochenende ein US-Soldat im Einsatz gegen die Jihadisten getötet worden. Der Kommandant der US-Truppen in Afghanistan, General John Nicholson, begründete den Einsatz der Mega-Bombe damit, dass die Jihadisten als Reaktion auf ihre zunehmenden Verluste zuletzt ihre Verteidigungsstellungen mit Sprengsätzen, Bunkern und Tunneln ausgebaut hätten. US-Präsident Donald Trump sprach von einer "sehr, sehr erfolgreichen" Mission.

Stärkste nicht-nukleare Waffe der US wurde gezündet

Die amerikanischen Streitkräfte haben erstmals ihre stärkste nicht-nukleare Waffe im Kampfeinsatz gezündet. Die Super-Bombe hatte Höhlensysteme in der ostafghanischen Provinz Nangarhar zum Ziel, in denen sich nach US-Angaben Kämpfer des Islamischen Staates (IS) versteckt hielten.

Die Bombe mit der Bezeichnung GBU-43/B MOAB ("Massive Ordnance Air Blast") wiegt zehn Tonnen und erzeugt eine enorme Druckwelle. Die Abkürzung MOAB wird häufig auch als "Mother Of All Bombs" ("Mutter aller Bomben") interpretiert. Die MOAB wurde 2003 zum ersten Mal getestet. Ihre Sprengkraft wird mit 11 Tonnen TNT-Äquivalent angegeben. Zum Vergleich: Die 1945 auf Hiroshima abgeworfene erste Atombombe hatte eine Sprengkraft von 13 Kilotonnen (war also mehr als tausendfach größer als jene der MOAB).

Nach US-Angaben wurde die MOAB von einer Maschine des Typs MC-130 Combat Talon abgeworfen. Das ist eine für Spezialeinsätze umgebaute Version des Transportflugzeugs Hercules.


Aus dem Pentagon hieß es, Experten seien gerade dabei, die Wirkung des Bombeneinsatzes zu untersuchen. Die IS-Kämpfer verstärkten derzeit ihre Verteidigungslinien mit improvisierten Sprengkörpern, Tunnels und Bunkern, hieß es. "Dies ist die richtige Munition, um diese Hindernisse aus dem Weg zu räumen und das Momentum unserer Offensive gegen den IS zu erhalten", zitiert das Pentagon den Kommandant der US-Truppen in Afghanistan, General John Nicholson.

Die militärische Bedeutung der Superbombe MOAB ist umstritten, sie gilt wegen ihrer schieren Größe und der enormen Druckwelle vor allem als Mittel der psychologischen Kriegsführung.

Strategiewechsel des IS

Der IS war in Afghanistan erst 2015 aufgetaucht und soll dort nie mehr als 3000 Kämpfer gehabt haben. Lange Zeit war er nur in den beiden ostafghanischen Provinzen Nangarhar und Kunar präsent. Seit Monaten fliegen US- und afghanische Streitkräfte schwere Luftangriffe auf IS-Stellungen dort. Trotzdem scheint der IS nicht geschlagen. 2016 hat er laut dem Zivilopferbericht der UNO in Afghanistan mehr Menschen getötet als je zuvor.

Das hängt auch damit zusammen, dass der IS einen Strategiewechsel vollzieht: Von Versuchen, Territorium einzunehmen, zu Terroranschlägen. Seit Jahresanfang hat der IS allein in der Hauptstadt Kabul bereits drei große Anschläge für sich reklamiert. Unter anderem ein Selbstmordattentat auf das höchste Gericht des Landes mit 22 Toten im Februar und einen besonders blutigen, siebenstündigen Angriff von fünf Kämpfern auf das größte Militärkrankenhaus des Landes mit mindestens 49 Toten im März.

Erst am Mittwoch sprengte sich ein Selbstmordattentäter inmitten vieler Ministeriumsangestellter in die Luft, die gerade ihre Büros verlassen hatten. Fünf Menschen starben. Experten sind besorgt, dass auch IS-Kämpfer auf der Flucht aus Syrien und dem Irak in Afghanistan und Zentralasien eine neue Basis suchen könnten. Dies ist unter anderem Thema bei einer großen Afghanistankonferenz in Moskau am Freitag. Der IS will auf afghanischem und pakistanischem Staatsgebiet eine neue Provinz etablieren - "IS-Khorasan".