Auch die Generalsekretär des Österreichischen Nationalfonds Hannah Lessing für die Opfer des NS-Terrors war laut „heute“ mehr als fünf Stunden im Parlament festgehalten. Sie führte gerade ein Gespräch mit dem Holocaust-Beauftragten der britischen Regierung, als man sie über einen "incident" (Vorfall) informierte.

„Dann folgte der Lockdown, niemand durfte das Gebäude verlassen. Wir wurden gemeinsam mit den anderen Besuchern des Parlaments vorerst in die Central Hall gebracht. Im abgesperrten Raum befanden sich auch drei Gruppen mit britischen Kindern. Lehrer sangen mit ihnen, um sie zu beruhigen.“

Wie Sie persönlich mit der dramatischen Situation umgegangen sei?
„Ich habe mich relativ sicher gefühlt, in der Westminster Hall waren ja auch schwer bewaffnete Einsatzkräfte. Meinem Mann schickte ich zur Beruhigung ein SMS. Gegen 20.15 Uhr durften wir dann das Gebäude verlassen“, so die Wiener im Interview in der Gratiszeitung "Heute."

Die britische Polizei hat nach dem  Anschlag in London zwei weitere Verdächtige festgenommen. Damit seien inzwischen neun Menschen in Gewahrsam, sagte der Chef der Anti-Terror-Einheit, Mark Rowley, am Freitag. Die Ermittler untersuchten nun, ob der Attentäter von London auf Anweisung von anderen Personen gehandelt habe. 

Nach dem Anschlag in London ist die Zahl der Toten Polizeiangaben zufolge auf fünf gestiegen. Ein 75-jähriger Mann sei im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen, teilte die Polizei am Donnerstag mit. Insgesamt waren 40 Menschen verletzt worden. Die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) reklamierte die Tat am Donnerstag für sich. Der Angreifer wurde als vorbestrafter Brite identifiziert. Die Polizei hat bis jetzt 3500 Zeugen befragt und mehr als 2500 Objekte sichergestellt.

Einzeltäter

Der Attentäter, ein 52-jähriger Mann aus Großbritannien namens Khalid Masood, hatte am Mittwoch mit einem Auto auf der Westminster Bridge im Zentrum der Hauptstadt eine 43-jährige Britin und einen US-Touristen getötet, dann auf dem Parlamentsgelände einen unbewaffneten Polizisten erstochen, bevor er selbst erschossen wurde. Laut Londoner Regierung galt er als Einzeltäter.

Neun Menschen, drei Frauen und fünf Männer, wurden bis Donnerstag im Zusammenhang mit dem Angriff wegen Verdachts auf Vorbereitung einer terroristischen Straftat festgenommen. Die Polizei verdächtigt alle acht Personen, die sie bei Razzien kurz nach der Tat festnahm, der Terrorvorbereitungen.

Verdächtiges Paket

Etwa 30 Menschen aus elf Ländern mussten im Krankenhaus behandelt werden. Scotland Yard hatte mitgeteilt, dass zwei Opfer des Anschlages weiter in Lebensgefahr schwebten. Der Zustand von fünf weiteren Verletzten sei kritisch.

Ein von der Polizei möglicherweise als verdächtig eingestuftes Paket, das Donnerstagabend nahe Westminster gefunden wurde, stellte sich als ungefährlich heraus.

Es ist der erste Anschlag auf britischem Boden, den der IS für sich in Anspruch nimmt. Premierministerin Theresa May erklärte, Großbritannien werde sich nicht einschüchtern lassen durch den Terrorismus. "Wir haben keine Angst, und unsere Entschlossenheit wird angesichts des Terrorismus niemals wanken", sagte sie nach einer Schweigeminute vor den Abgeordneten im Parlament.

Am Donnerstagabend versammelten sich hunderte Menschen zum Gedenken an die Opfer in der britischen Hauptstadt. "Die Londoner lassen sich niemals vom Terrorismus einschüchtern", sagte Bürgermeister Sadiq Khan auf dem Trafalgar Square. Auf dem Platz im Herzen Londons zündeten die Teilnehmer der Trauerkundgebung Kerzen an oder legten Blumen nieder. Auf Schildern waren Botschaften wie "Hass wird uns nicht spalten" zu lesen. "Wir haben keine Angst", lautete eine andere Parole.

Sadiq Khan
Sadiq Khan © AP

Bei dem Attentäter handelt es sich nach Angaben der britischen Polizei um den 52-jährigen Khalid Masood, der auch unter verschiedenen Decknamen bekannt war. Der gebürtige Brite lebte demnach zuletzt in der Region West Midlands. Dort liegt auch die Stadt Birmingham, die als Hochburg der Islamistenszene in Großbritannien gilt. Laut BBC wurde das bei dem Anschlag verwendete Fahrzeug in Birmingham angemietet.

Masood war der Polizei wegen diverser Vergehen bekannt, darunter Körperverletzung und Waffenbesitz, er galt aber nicht als Gefährder und es liefen derzeit keine Ermittlungen gegen ihn. May zufolge war Masood jedoch vor einigen Jahren bei Ermittlungen zu "gewalttätigem Extremismus" als "Randfigur" ins Visier des Geheimdienstes MI5 geraten.

IS bekannte sich zur Tat

Der IS bekannte sich laut seinem Sprachrohr Amaq zu der Tat: "Die Operation folgte dem Aufruf zu Angriffen auf die Länder der Koalition", schrieb Amaq. Der Begriff "Koalition" bezieht sich auf die internationale Militärallianz, die den IS in Syrien und im Irak bekämpft. Die Anti-IS-Allianz aus 68 Staaten, zu denen auch Österreich gehört, hatte sich am Mittwoch in Washington getroffen und darauf verständigt, das Terrornetzwerk "eliminieren" zu wollen.

May würdigte den unbewaffneten Polizisten als "Helden". US-Präsident Donald Trump bekundete den Hinterbliebenen des getöteten US-Bürgers sein Beileid. Nach Angaben seiner Familie war er mit seiner Frau auf Europa-Reise, das Paar sollte demnach am Donnerstag zurück in die USA fliegen.

Auch Queen Elizabeth II. bekundete ihre Anteilnahme. "Meine Gedanken, Gebete und mein tiefes Mitgefühl sind bei denjenigen, die von der schrecklichen Gewalt gestern betroffen waren", erklärte die britische Königin. Der UNO-Sicherheitsrat gedachte in einer Schweigeminute der Opfer.

Die Attacke im Londoner Regierungsviertel ereignete sich am Jahrestag der Brüsseler Anschläge mit 32 Toten. Es war der schwerste Anschlag in Großbritannien seit Juli 2005, als vier Selbstmordattentäter in U-Bahnen und Bussen in London 52 Menschen mit in den Tod rissen.