Die türkische Regierung nimmt die Gülen-Bewegung in der Schweiz ins Visier. Ein am Freitag publik gewordener Brief der türkischen Botschaft in Bern zeigt, welche Institutionen und Vereine offenbar Verbindungen zum Prediger Fethullah Gülen haben sollen. Die Schweizer Grüne Partei hat den Brief am Freitag veröffentlicht, nachdem die "Nordwestschweiz" gleichentags darüber berichtete.

Das Schreiben war dem österreichischen Grünen-Politiker Peter Pilz zuvor zugespielt worden, der enthüllt hatte, dass Kritiker des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Österreich verfolgt werden sollen. Im Brief schreibt Engin Yilmaz, stellvertretender Botschaftsrat für religiöse Angelegenheiten, dass sich die Gülen-Bewegung auch in der Schweiz in "verschiedenste Bereiche" ausbreite. In letzter Zeit seien aus der Türkei geflohene "militante" Anhänger in die Schweiz gekommen und hätten sich hier niedergelassen.

Seit dem Putschversuch in der Türkei im Juli 2016 sind in der Schweiz laut dem Bundesrat 408 Asylgesuche von türkischen Staatsangehörigen eingegangen. Darunter seien auch vereinzelt Inhaber von Diplomatenpässen. Erdogan wirft Gülen und seinen Anhängern vor, hinter dem Staatsstreich gegen ihn zu stecken.

Yilmaz bezichtigt in dem Brief die Gülen-Bewegung, die Medienberichterstattung in der Schweiz mit finanziellen Mitteln zuungunsten der Türkei zu beeinflussen. Weiter listet er detailliert Bildungsinstitutionen und Nichtregierungsorganisationen auf, welche die "Aktivitäten dieser Parallelstrukturen" fördern.

Die Grüne Partei zeigte sich besorgt über die "vermuteten nachrichtendienstlichen Aktivitäten der Türkei in der Schweiz". Bundesanwaltschaft und Bundesrat müssten handeln, schreibt die Partei in einer Mitteilung. "Es darf nicht sein, dass der lange Arm der AKP-Regierung in unsere Rechtsordnung eingreift und das friedliche Zusammenleben der türkischstämmigen Diaspora tangiert", wird der Zürcher Nationalrat und Fraktionspräsident Balthasar Glättli zitiert.