Frankreich und Deutschland haben Moskau vorgeworfen, die Minsker Vereinbarungen zum Konflikt in der Ostukraine zu verletzen. Die am Samstag vom Kreml verkündete Anerkennung von Separatistenpässen in der pro-russischen Ostukraine sei "inakzeptabel", teilten Berlin und Paris am Montag mit. Die ukrainische Armee berichtete indes von Verletzungen der Waffenruhe, die seit Montag gelten sollte.

Das von Präsident Wladimir Putin am Wochenende unterzeichnete Dekret sei ein "eindeutiger Verstoß" gegen Geist und Zielsetzung der Friedensvereinbarungen von Minsk, sagte der Sprecher des deutschen Außenministeriums, Martin Schäfer, in Berlin. Auf die Frage nach möglichen Konsequenzen sagte er, "dass wir das natürlich nicht auf sich beruhen lassen werden".

Regierungssprecher Steffen Seibert warnte: "Das untergräbt die Einheit der Ukraine." Die Bundesregierung appelliert außerdem an die Konfliktparteien, die am Samstag in München beschlossene Waffenruhe "jetzt auch tatsächlich umzusetzen".

Kritik auch aus Frankreich

Auch die französische Regierung kritisierte die Entscheidung Putins, mit der der Geist von Minsk gebrochen werde. Am Samstag hatten die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Ukraine am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz vereinbart, dass sich die Regierungen in Moskau und Kiew für einen Abzug der schweren Waffen aus der Ost-Ukraine einsetzen. Putins Pass-Dekret hatte die russische Seite dort nicht zur Sprache gebracht.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wies die westliche Kritik zurück. Der Erlass von Präsident Wladimir Putin sei eine humanitäre Geste für die isolierte Bevölkerung der Region. "Das verstößt nicht gegen Völkerrecht." Es sei auch kein Verstoß gegen die Minsker Vereinbarungen für eine Friedensregelung in der Ostukraine. Russische Experten werteten Putins Erlass durchaus als Beginn einer Abspaltung der Gebiete von der Ukraine. "Das ist der nächste Schritt, der sich kaum noch von der Anerkennung der Pässe unterscheidet", sagte der Politologe Gleb Pawlowski der Zeitung "Nowaja Gaseta".

US-Vizepräsident Mike Pence forderte Russland zur Deeskalation des Konflikts auf. "In Hinblick auf die Ukraine werden die Vereinigten Staaten weiter Russland zur Verantwortung ziehen und verlangen, dass Russland die Minsk-Vereinbarung achtet", sagte er bei einem Besuch in Brüssel. Zuvor hatten Medienberichte, wonach US-Präsident Donald Trump einen eigenen Ukraine-Friedensplan verfolge, für Aufregung gesorgt. Demnach sollten die Ukrainer darüber abstimmen, ob sie die Halbinsel Krim für einen Zeitraum von 50 oder 100 Jahren an Russland verpachten. Der Kreml wies den Plan als "absurd" zurück.

Widersprüchliche Angaben gab es am Montag zur Waffenruhe in der Ostukraine. Die Armee berichtete, dass ihre Soldaten 60 Mal unter Beschuss gekommen seien, wobei ein Soldat getötet und ein weiterer verletzt worden sei. Im Gegensatz dazu versicherten Vertreter der Rebellen, die Waffenruhe werde seit Mitternacht weitgehend eingehalten.

Nach Angaben der Armee kamen die Soldaten in Awdijiwka unter Beschuss, wo sich die Konfliktparteien in den vergangenen Wochen schwere Kämpfe geliefert hatten. Weitere Angriffe meldete die Armee aus der ostukrainischen Hafenstadt Mariupol und aus den Regionen Donezk und Luhansk, wo die Rebellen eigene Republiken ausgerufen hatten. Es seien unter anderem Mörser und Granatwerfer eingesetzt worden, sagte ein Armeesprecher.

Vertreter der prorussischen Rebellen stellten die Lage am Montag anders dar. Die Waffenruhe habe um Mitternacht begonnen, und seitdem seien "fast keine Schüsse" abgefeuert worden, sagte Rebellensprecher Eduard Basurin. Sollte die Waffenruhe für 24 Stunden halten, würden seine Kämpfer wie vereinbart mit dem Abzug schwerer Waffen von der Frontlinie beginnen.

Ähnlich äußerte sich der Rebellenvertreter Alexander Maseikin aus Luhansk. Die Waffenruhe werde in jenen Gegenden eingehalten, wo ein Abzug der schweren Waffen vorgesehen sei, sagte er. An einigen Orten um Luhansk seien noch Schüsse gefallen - allerdings "von geringer Intensität".