Die britische Premierministerin Theresa May strebt einen "harten Brexit" an und will ihr Land aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion mit den anderen 27 EU-Staaten führen. Dies berichteten britische Medien in der Nacht auf Dienstag unter Berufung auf den Text jener Brexit-Grundsatzrede, die May am Dienstag halten wollte.

Keine halben Sachen

Es werde keine Teil-Mitgliedschaft in der EU noch sonstige Konstrukte geben, die Großbritannien "halb drinnen" oder "halb draußen" ließen, betonte May demnach. "Wir wollen eine neue und gleichberechtigte Partnerschaft - zwischen einem unabhängigen, selbstregierten, globalen Großbritannien und unseren Freunden und Verbündeten in der EU." Eines der zentralen Themen vom Mays Brexit-Strategie werde sein, die Kontrolle über die britischen Grenzen zurückzugewinnen.

Sie wünsche sich, dass Großbritannien ein "Magnet für internationale Talente" und eine "großartige globale Handelsnation" sei, heißt es weiter in den Auszügen. May werde aber auch betonen, dass es im britischen Interesse sei, dass die EU erfolgreich bleibe. Details zu den Vorstellungen Mays über die künftigen Handelsbeziehungen mit der EU waren in den Auszügen aus dem Redetext nicht enthalten. Medienberichten zufolge strebt May jedoch auch an, Großbritannien aus dem Zuständigkeitsbereich des Europäischen Gerichtshof zu entfernen.

Harter Brexit

Bisher hat sich May kaum dazu geäußert, welches Abkommen sie mit der EU anstrebt. Die "Sunday Times" hatte berichtet, May wolle einen "klaren und harten" Brexit, wozu der Austritt aus dem gemeinsamen Markt und der Zollunion gehören würde. Das sorgte an den Börsen für Kopfzerbrechen bei den Anlegern und drückte den Kurs des Pfund. Zeitweise war die britische Währung so billig wie zuletzt vor dreieinhalb Monaten. Die Brexit-Sorgen schickten am Dienstag auch den japanischen Nikkei-Börsenindex auf Talfahrt.

Das Problem für Großbritannien ist, dass die EU als Gegenleistung für den vollen Zugang zum gemeinsamen Markt die Freizügigkeit für ihre Bürger verlangt. Die Beschränkung der Einwanderung war aber für viele Briten der Hauptgrund, für den Brexit zu stimmen. Finanzminister Philip Hammond hatte gesagt, sollte es keine Einigung mit der EU über einen Zugang zum gemeinsamen Markt geben, könnte das Land sein Wirtschaftmodell überdenken. Diese Äußerungen wurden als Warnung interpretiert, Großbritannien könnte Unternehmenssteuern als Druckmittel bei den Brexit-Verhandlungen einsetzen. May will den formellen Austrittsprozess bis Ende März in Gang setzen.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel dämpfte indes Erwartungen, es könne rasche Festlegungen geben. Letztlich zähle nur das, was als Austrittsantrag eingereicht werde, sagte Merkel am Montag in Berlin. Schützenhilfe könnte London in den Brexit-Verhandlungen von den USA bekommen. Der designierte US-Präsident Donald Trump hat nämlich einen raschen amerikanisch-britischen Handelspakt angekündigt. Er bezeichnete den Brexit als "großartig" und äußerte die Erwartung, dass weitere EU-Staaten dem Beispiel Londons folgen werden.

May wird gegen Mittag - etwa um 12.45 Uhr MEZ - im Lancaster House in London sprechen.