Der künftige US-Präsident Donald Trump will die kürzlich verhängten Sanktionen gegen Russland auf den Prüfstand stellen. Zwar wolle er die Strafmaßnahmen vorerst aufrechterhalten, sagte Trump dem "Wall Street Journal". Falls Moskau aber mit den USA kooperiere, sei er zu einer Rücknahme der Strafmaßnahmen bereit.

Die US-Sanktionen sollen nach den Worten Trumps "zumindest für eine gewisse Zeit" in Kraft bleiben. Er deutete in dem am Freitag veröffentlichten Interview aber an, eine Aufhebung der Strafmaßnahmen in Betracht zu ziehen, falls Moskau strategische Ziele der USA wie den Kampf gegen den Jihadismus unterstützt. Zudem erklärte er seine Bereitschaft, nach seiner Amtseinführung am 20. Jänner den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu treffen.

Obama hatte Reihe von Sanktionen erlassen

Der scheidende US-Präsident Barack Obama hatte als Reaktion auf Hacker-Angriffe während des US-Präsidentschaftswahlkampfs eine Reihe von Sanktionen gegen Russland erlassen. Die US-Geheimdienste werfen Moskau eine Cyber-Kampagne zugunsten von Trump vor. Der Kreml weist die Anschuldigungen zurück.

Auch Trump, der die Beziehung zwischen den USA und Russland verbessern will und auf eine Zusammenarbeit im Kampf gegen die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) hofft, hatte die Erkenntnisse der Geheimdienste zunächst infrage gestellt. Am Mittwoch erklärte er schließlich, auch er vermute Russland hinter den Hacker-Angriffen. Eine Beeinflussung der Wahl zu seinen Gunsten schließt Trump aber aus.

Für Irritationen sorgte unterdessen ein Bericht der "Washington Post", wonach Russland Trumps Team zu den geplanten Syrien-Gesprächen in Kasachstan eingeladen hat, ohne die amtierende US-Regierung einzubeziehen. Demnach wurde die Einladung Ende Dezember in einem Telefonat des russischen Botschafters in den USA, Sergej Kisljak, mit Michael Flynn ausgesprochen, der als Trumps Nationaler Sicherheitsberater nominiert ist.

Zweifel an Ein-China-Politik

Der aktuelle US-Außenamtssprecher Mark Toner sagte am Freitag, eine "formelle Einladung" an die US-Regierung zu dem Treffen in der kasachischen Hauptstadt Astana liege nicht vor. Falls diese aber eingehen sollte, werde die scheidende Regierung der künftigen "sicherlich empfehlen", der Einladung Folge zu leisten.

Die Gespräche in Astana werden unter der Federführung Russlands, der Türkei und des Iran vorbereitet. Sie sollen am 23. Jänner stattfinden, drei Tage nach Trumps Amtsantritt und gut zwei Wochen vor geplanten Friedensverhandlungen unter UNO-Schirmherrschaft in Genf. Die türkische Regierung hatte sich am Freitag für eine Teilnahme der USA an dem Treffen in Astana ausgesprochen.

In dem Gespräch mit dem "Wall Street Journal" äußerte sich Trump auch über seine künftige China-Politik. Er stellte erneut den jahrzehntealten Grundsatz infrage, wonach Washington Taiwan nicht als eigenständigen Staat anerkennt. "Alles ist Gegenstand von Verhandlungen, auch die Ein-China-Politik", sagte Trump.

Die USA hatten im Zuge ihrer Annäherung an die Volksrepublik China 1979 ihre diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abgebrochen und die Führung in Peking als alleinige Regierung Chinas anerkannt. Trump sorgte Anfang Dezember für einen Eklat, als er einen Anruf der taiwanesischen Präsidentin Tsai Ing-wen entgegennahm, die ihm zu seinem Wahlsieg gratulierte. Peking kritisierte ihn dafür scharf, woraufhin Trump die chinesische Regierung wegen ihrer Währungs- und Außenpolitik angriff.

Der künftige US-Präsident zeigte angesichts der US-Rüstungsexporte nach Taiwan kein Verständnis für die diplomatische Zurückhaltung. "Wir können ihnen die neueste und beste militärische Ausrüstung im Wert von zwei Milliarden Dollar verkaufen, aber wir dürfen keinen Anruf annehmen", sagte er dem "Wall Street Journal". Er hätte es als "sehr unhöflich" erachtet, Tsai das Gespräch zu verweigern.