"Warum auch nicht?“, antwortet Michael Petancic auf die Frage, ob er es gut findet, dass Donald Trump US-Präsident wird. „Der Slowene ist zuallererst Fatalist“, hat schon der slowenische Autor Boris Pahor festgestellt.

Petancic steckt seine Hände in seine Arbeitsmontur und entschuldigt sich für sein Englisch. Bisher habe er Englisch nicht wirklich gebraucht, hier in Sevnica, nur 20 Minuten vom AKW Krsko entfernt. Sevnica (sprich: se-unica) liegt an der Save, die an diesem sonnigen Novembertag grünt wie ein Smaragd.

Mit anderen Männern stellt Petancic im Rund des Kreisverkehrs, direkt an der Ortseinfahrt, gerade den Sockel für eine Skulptur auf. Nein, keine Büste von Melania Trump soll dorthin, sondern ein überdimensionaler Schuhleisten. „Wir bringen nicht nur eine First Lady hervor, sondern auch Schuhleisten, die in alle Welt gehen“, sagt Andres Mesar, der bei den Arbeitern steht. Er ist Ökonom in der Schuhfabrik Kopitarna, die heuer den 130. Geburtstag feiert und Leisten für Paul Green, Waldviertler, Peter Kaiser etc. herstellt. Und jetzt auch spezielle Melania-Hauspantoffel: aus glitzerndem Filz und mit einem Bommel aus echtem Hasenfell. Ein besonders funkelndes Stück wird im Jänner direkt ans Weiße Haus geliefert. Größe 41. Melania lebt auf großem Fuß.

In der Schuhfabrik Kopitarna gibt es jetzt auch einen speziellen Melania-Hauspantoffel: aus Filz mit Bommel aus Hasenfell
In der Schuhfabrik Kopitarna gibt es jetzt auch einen speziellen Melania-Hauspantoffel: aus Filz mit Bommel aus Hasenfell © Helmut Lunghammer
Der Melania-Pantoffel
Der Melania-Pantoffel © Helmut Lunghammer

Andres Mesar ist mit der künftigen First Lady, die damals noch Melanija Knavs hieß, in die Volksschule gegangen. „Ich bin sogar neben ihr gesessen“, sagt er stolz.

Andres Mesar und Michael Petancic
Andres Mesar und Michael Petancic © Helmut Lunghammer

Die Lehrerin habe ihn immer aus den hinteren Bankreihen nach vorne geholt, weil er zu viel geschwätzt habe. Melania war schon damals „bildhübsch“ und „ein ganz liebes Mädchen“. Er freut sich, dass sie First Lady wird. „Ganz Sevnica freut sich. Melanias Erfolg ist ein Erfolg für uns alle“, sagt er. Slowenien träumt den amerikanischen Traum.

Blick von der Festung
Blick von der Festung © Helmut Lunghammer

In der ganzen Stadt wimmelt es von Journalisten. 30 Interviews hat Bürgermeister Srecko Ocvirk schon gegeben, internationale Teams sind da, mehrere US-Magazine und ein Fernsehteam, das CNN und andere Große beliefert. Auf die Frage, ob er Trump als Präsidenten gut finde, antwortet der Bürgermeister der 18.000-Seelen-Gemeinde mit einem Seufzer: „Es gibt eben keine First Lady ohne Präsidenten.“

Bürgermeister Srecko Ocvirk
Bürgermeister Srecko Ocvirk © Helmut Lunghammer

Nicht nur er, jeder hier hoffe, dass ein bisschen vom Glamour der 46-Jährigen auch auf Sevnica abfällt, wo bis jetzt Holz die Hauptrolle spielte. In der Leistenfabrik Kopitara, in der Möbelfabrik Stilles und auch in der Fabrik Tanin, in der Sägespäne als Lebensmittelzusatz - für Joghurts etwa - hergestellt werden und aus deren Schloten weißer Rauch wolkt.

So weiß, wie Melanias Elternhaus mit der Nummer 21. Auf dem Balkon wachsen Thujen in Trögen, vor der Einfahrt, nur mit einer dünnen Kette abgesperrt, steht ein US-Briefkasten. Die Rollos im Parterre sind heruntergelassen, der Rasen ist frisch gemäht. Wie Melanias ältere Schwester Ines leben auch Melanias Eltern Viktor und Amalija Knavs großteils in New York, im Trump Tower.

Als die Knavs-Töchter noch klein waren, wohnten alle zusammen im Gemeindebau. Melanias Vater war Autohändler. Er habe bis heute ein Faible für Oldtimer, wissen Nachbarn. Die „bildschöne“ Mutter war Schneiderin in einer Fabrik. Die Firma gibt es heute nicht mehr, weil sie den Übergang von der kommunistischen zur freien Marktwirtschaft nicht überlebt hat; wie viele Unternehmen in dieser Region.

Das "Weiße Haus" der Eltern in Sevnica
Das "Weiße Haus" der Eltern in Sevnica © Helmut Lunghammer

Melanias Eltern sind öfter hier, in ihrem slowenischen White House. Melania wurde nicht mehr gesichtet, seit sie in den frühen 90er-Jahren fortzog, um ihr Glück als Model in New York zu versuchen. Kurz zuvor, 1991, hatte sich Slowenien von Jugoslawien abgespaltet und es gab Krieg, der nach zehn Tagen aber relativ unblutig zu Ende ging. Als Slowenien im Jahr 2007 vom Tolar zum Euro kam, war Melania längst beim Dollar.

Die Festung in Sevnica
Die Festung in Sevnica © Helmut Lunghammer

Denn auch als die Hoffnung noch jung war in Sevnica und die Demokratie bunt wie heute die gelb, grün, lila gefärbelten Häuser, war die Stadt zwischen Balkan, Meer und Alpen kein Sehnsuchtsort für ein junges Mädchen - und ist es bis heute nicht. Daran dürften auch der weiße Cvicek und der Blaufränkische, Weinlage Castle Hill, direkt an den Hängen der Burg, nichts ändern. „Man braucht Courage, um fortzugehen. Melania hatte viel Mut“, sagt die langmähnige Nusa Vidmar, die mit ihrem Mann Bruno das Café Central führt und das einzige Hotel der Stadt, das zurzeit aber wegen Renovierung geschlossen ist.

Sevnica lebte lange vorwiegend von der Holzindustrie
Sevnica lebte lange vorwiegend von der Holzindustrie © Helmut Lunghammer

„Dank Melania weiß man jetzt, wo Sevnica ist. Wir brauchen Publicity“, sagt Nusa, an deren Hand Bruno Junior zieht; die vielen Interviews, die seine Mama an diesem Tag gibt, nerven ihn eindeutig. Obwohl viele Firmen in den vergangenen Jahren zugesperrt hätten, findet sie für Café und Hotel nur schwer Personal: „Die jungen Leute zieht es fort. Wer kann, geht weg“, sagt sie, während Lehrling Maja eine Melania-Torte mit Mandeln und Schokolade auf den Tisch stellt: „Gold und Weiß, wie Melanias Räume im Trump Tower, wie man aus Magazinen weiß. Wir haben Melania gern, aber ich hoffe sehr, dass sie nicht vergisst, woher sie kommt“, sagt Nusa und huscht zum nächsten Interview.

Im Cafe Central in Sevnica
Im Cafe Central in Sevnica © Helmut Lunghammer

Wir kehren Sevnica den Rücken und fahren die Save entlang. Nur 20 Kilometer weiter steht die Anlage von Krsko. Der Anblick des Atomkraftwerks ist bizarr wie der Umstand, dass Donald Trump bald Chef im Weißen Haus ist: Das AKW, dessen Meiler in den Himmel blaut, steht groß und mächtig inmitten riesiger Apfelbaumplantagen.

Das AKW Krsko
Das AKW Krsko © Helmut Lunghammer