Die syrische Regierung und ihre Verbündeten atmen nach dem Wahlsieg Donald Trumps auf. Nach ihrer Einschätzung dürfte Hillary Clintons Niederlage sie vor einer US-Intervention in dem Bürgerkriegsland bewahrt haben. Denn während unter der Ex-Außenministerin ein schärferes militärisches Vorgehen in dem Konflikt als wahrscheinlich galt, hat Trump die bisherige Syrien-Politik der USA grundsätzlich infrage gestellt."

Das ist für uns und unsere Alliierten in Syrien sehr beruhigend", sagt ein hochrangiger Vertreter der Militärallianz, die für Assad kämpft. "Wir bekommen derzeit Rückenwind, das hilft unseren Interessen, und wir müssen daraus den größten Nutzen ziehen", sagte der Mann, der weder Nationalität noch Zugehörigkeit zu einer Gruppierung nannte, um frei sprechen zu können.

Trump hat bezweifelt, ob die Amerikaner überhaupt die richtigen Rebellengruppen unterstützen und das US-Ziel eines Machtwechsels in Syrien heruntergespielt. Zudem erklärte er, Präsident Bashar al-Assad zwar nicht zu mögen, aber immerhin "tötet er den IS" zusammen mit Russland und dem Iran. Der Geschäftsmann hat auch angedeutet, mit Assads wichtigstem militärischen Unterstützer Russland bei der Bekämpfung der radikalislamischen IS-Miliz womöglich zu kooperieren.

Allein das könnte konkrete Folgen für den zuletzt wichtigsten Konfliktherd in Syrien haben, die Schlacht um die zwischen Rebellen und Regierungstruppen geteilte Großstadt Aleppo. Bisher verfolgte die Regierung in Damaskus mit Nachdruck den Plan, die Stadt bis spätestens Jänner vollständig einzunehmen, also bevor der jetzige Amtsinhaber in Washington seine Geschäfte an den neuen Präsidenten übergibt. Dabei war sie davon ausgegangen, dass Clinton die Wahl gewinnt, wie ein hochrangiger Assad-Verbündeter sagt. An dem Plan werde zwar festgehalten. Aber Trumps Sieg stelle nun "einen neuen Faktor" dar. Das gelte insbesondere für das Vorgehen des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dieser werde die Syrien-Krise sicher anders angehen, je nachdem, "was mit Trump passiert".

In einer TV-Debatte mit Clinton im Oktober hatte Trump gesagt, es sei zwar eine humanitäre Katastrophe, aber Aleppo sei "im Grunde" gefallen. Clinton warf er vor, sich für Rebellen stark zu machen, ohne zu wissen, wer diese seien und wofür sie stünden. Einige der Gruppen, die in und um Aleppo kämpfen, gelten selbst als Islamisten, wenn auch nicht so extrem wie der IS.

Von manchen Beobachtern wurden Trumps Kommentare als Signal gewertet, dass dieser von der bisherigen Syrien-Politik der USA dramatisch abrücken könnte. Auch aus Reihen der syrischen Opposition kamen deswegen besorgte Äußerungen. Manche Rebellen gaben sich aber dennoch zuversichtlich. Die Rolle der USA in Syrien bleibe wichtig. Trump werde sich davon nicht distanzieren können, auch wenn er es wolle, sagte ein hochrangiger Rebellenvertreter, der anonym bleiben wollte. Er verwies darauf, dass Trump insbesondere gegenüber dem zweiten zentralen Assad-Verbündeten Iran harte Töne angeschlagen hat. Das sei "positiv" für die syrische Opposition. Zudem sind die meisten Republikaner im US-Kongress Assad feindlich gesinnt.

Andrew Tabler, Syrien-Experte beim Washingtoner Institut für Nahostpolitik, geht davon aus, dass Trump mit Russland über Optionen für ein Ende des Krieges spricht. Sollte das scheitern, könnte Trump den Westen Syriens als russische Einflusszone anerkennen und sich auf den Kampf gegen den IS im Osten des Landes konzentrieren. "Ich denke, das wird alles im Fluss sein. Eine Menge republikanischer Außenpolitiker werden in die Regierung einziehen, und die haben ganz klare Vorstellungen zum Iran und zur Assad-Regierung. Deswegen sehe ich keine Situation, in der die USA plötzlich die Nähe zu Assad suchen", sagte Tabler.