Der ungarische Regierungschef Viktor Orban ist im Parlament mit einem Gesetz gegen die Flüchtlingsquote der EU gescheitert. Bei der Abstimmung über eine entsprechende Verfassungsänderung votierten sowohl die Abgeordneten der Linksparteien als auch die rechtsextreme Jobbik-Partei gegen den Gesetzesentwurf. Der Regierungspartei Fidesz fehlten zwei Stimmen für die notwendige Zweidrittelmehrheit.

Der Gesetzesentwurf sah vor, ein Verbot der Ansiedlung einer "ausländischen Bevölkerung" in der ungarischen Verfassung zu verankern. Das Gesetz richtete sich gegen die EU-Pläne zur Umverteilung von Flüchtlingen unter den Mitgliedstaaten.

Zum zweiten Mal gescheitert

Mit der Verfassungsänderung per Parlamentsvotum versuchte Orban durchzusetzen, was bei einer Volksabstimmung Anfang Oktober gescheitert war. Bei dem Referendum am 3. Oktober hatten sich zwar mehr als 98 Prozent der Teilnehmer gegen die Umverteilung von Flüchtlingen in der EU ausgesprochen. Wegen zu geringer Beteiligung war das Ergebnis aber ungültig.

Die Verfassungsänderung hätte mit den Stimmen der rechtsextremen Jobbik-Partei gebilligt werden können. Jobbik-Chef Gabor Vona machte jedoch die Zustimmung seiner Fraktion davon abhängig, dass die Regierung Orban jene Regelung abschafft, die es reichen Nicht-EU-Ausländern ermöglicht, sich das Niederlassungsrecht in Ungarn und damit in der EU zu erkaufen. Orban wollte sich aber darauf nicht einlassen. Jobbik-Abgeordnete hielten am Dienstag ein Transparent hoch: "Ein Hochverräter ist der, der für Geld Terroristen ins Land lässt".

Auftakt zu einem Machtkampf

Die Ablehnung durch das Parlament bedeutet einen seltenen Rückschlag für den seit 2010 regierenden Orban. Laut Beobachtern könnte das Votum vom Dienstag Auftakt eines Machtkampfs zwischen Orbans Fidesz und Jobbik vor den für 2018 angesetzten Parlamentswahlen sein.

Die ungarische Opposition begrüßt das Scheitern der Verfassungsänderung gegen die "Ansiedlung von Ausländern". In einem Monat "zwei Ohrfeigen für Orban", kommentierte der Chef der Demokratischen Koalition (DK), Ferenc Gyurcsany, am Dienstag die Tatsache, dass das Gesetz gegen die Flüchtlingsquoten der EU im Parlament die Zwei-Drittel-Mehrheit verfehlte.

"Teuerste Abstimmung aller Zeiten"

Laut den Sozialisten (MSZP) hätte Orban die teuerste Abstimmung aller Zeiten verloren. Die vorangegangene eineinhalbjährige "Hass- und Lügenkampagne" hätte rund 20 Milliarden Forint (65,35 Mio. Euro) verschlungen. Laut MSZP-Fraktionschef Bertalan Toth könne nach einem ungültigen Referendum keine Verfassungsänderung erfolgen, zitierte ihn die Ungarische Nachrichtenagentur MTI.