Der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer hat am heutigen Donnerstag am traditionellen "Waldaj"-Treffen internationaler Russlandexperten in Sotschi teilgenommen und ist dabei auch mit Kreml-Chef Wladimir Putin zusammengetroffen. In einer Podiumsdiskussion mit Putin rief Fischer die EU und Russland zu mehr wechselseitigem Verständnis auf.

Der nach einer westrussischen Stadt benannte Debattierklub gilt als kremlnahe. Zu den jährlichen Treffen werden traditionell auch Ex-Politiker und Experten aus dem Ausland geladen, auch Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) zählte schon mehrmals zu den Gästen.

Fischers etwa viertelstündige Wortmeldung wurde am Donnerstagnachmittag live vom russischen Fernsehen übertragen. Der Altbundespräsident beklagte, dass sich die EU-Russland-Beziehungen nicht so entwickelt hätten, wie man dies vor 25 Jahren gehofft habe. Beide Seiten sollten sich der Wichtigkeit der Beziehungen bewusst sein.

"Die Evolution der NATO wird in Moskau anders als in Washington oder Brüssel gesehen. Und Russland sollte berücksichtigen, dass Aktionen im Zusammenhang mit Streitkräften, die nicht im Einklang mit dem Völkerrecht stehen, die europäische Öffentlichkeit irritieren", sagte Fischer. Er nannte die Krim als aktuelles Beispiel. Aleppo nannte er als Symbol dafür, wie schwierig es sei, Anti-Terror-Kampf und das Bombardieren unschuldiger Zivilisten voneinander zu unterscheiden.

Fischer sah gleichzeitig aber auch positive internationale Entwicklungen und verwies auf das Nuklearabkommen mit dem Iran, das Pariser Klimaabkommen und die europäische Integration, die er "trotz aller Probleme" als eine Erfolgsgeschichte bezeichnete.

"Beim Fußball ist das nächste Match das allerwichtigste, in der Innenpolitik sind es die nächsten Wahlen, in internationalen Beziehungen sind die nächsten zehn Jahre die wichtigsten und schwierigsten zugleich", sagte Fischer. Er appellierte an die kollektive Verantwortung, den Frieden zu erhalten, Chancen wahrzunehmen, aus vergangenen Fehlern zu lernen und für eine positive Entwicklung in Zukunft zu arbeiten.

Heinz Fischer ist nicht der einzige österreichische Teilnehmer der diesjährigen Diskussionsveranstaltung, die 2016 zum bereits zum 13. Mal stattfindet. Während der Diskussion am Donnerstag, an der neben Wladimir Putin auch Finnlands Expräsidentin Tarja Halonen und der ehemalige südafrikanische Staatschef Thabo Mbeki teilnahmen, waren im Publikum auch der ehemalige Bundeskanzler Schüssel, der in Russland tätige Automobil-Manager Siegfried Wolf und der Innsbrucker Universitätsprofessor Gerhard Mangott zu sehen.