Erstmals seit vier Jahren kommt Russlands Präsident Wladimir Putin heute nach Berlin. So viel Zeit lag noch nie zwischen zwei seiner Besuche. Und das Verhältnis seines Landes zum Westen ist so schlecht wie seit fast 30 Jahren nicht mehr. So mancher spricht von einem neuen Kalten Krieg in Europa.

Nur wenige Meter von der Stelle entfernt, wo einst der "Eiserne Vorhang" Europa in Ost und West teilte, kommen nun die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande mit Putin zusammen, um auszuloten, was man überhaupt noch gemeinsam zustande bringen kann.

Mit dabei ist auch der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, weil es in erster Linie um den Friedensprozess in der Ostukraine gehen soll. Merkel und Hollande wollen mit Putin aber auch über Syrien sprechen. Angesichts der Gewalteskalation in Aleppo ist dies das akutere Problem. Die Bombardements von Krankenhäusern und Hilfskonvois schockieren die Welt. Russland und seinem engen Verbündeten Bashar al-Assad werden vom Westen Kriegsverbrechen vorgeworfen.

Merkel will reden

Kann man in einer solchen Situation Putin überhaupt in Berlin empfangen? Merkel meint: Ja. "Sprechen ist immer wieder notwendig, auch wenn die Meinungen sehr stark auseinandergehen", sagt sie. Dennoch kann der Besuch Putins für sie zur schwierigen Gratwanderung werden. Wenn nichts herauskommt, könnte am Ende einzig Putin davon profitieren.

Für den Kreml ist die Reise des Präsidenten nach Berlin eine Genugtuung. Immer wieder sieht sich Russland wegen der Kriege in der Ukraine und in Syrien an den Pranger gestellt. Westliche Politiker kritisieren Moskau nicht nur als "Kriegsverbrecher" in Syrien, sondern werfen dem Kreml Cyberattacken vor und fordern neue Sanktionen. Und nun kommt eine Einladung aus Berlin.

Konfliktpartei oder Konfliktlösungspartei?

Von Isolation keine Spur - so sieht es Moskau. "Russland fühlt sich verletzt, wenn der Westen die Gespräche immer nur auf die Konflikte in Syrien und in der Ukraine verengt", sagt der Politologe Wladislaw Below der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Zwar seien die Krisen in den beiden Ländern wichtige Themen. "Aber Moskau fühlt sich unabhängig davon. Der Kreml versteht sich nicht als Konfliktpartei, sondern als Konfliktlösungspartei", betont der Deutschland-Experte von der Akademie der Wissenschaften in Moskau.

Feuerpause in Aleppo

Die für Donnerstag geplante Feuerpause in der syrischen Stadt Aleppo soll indes nach russischen Angaben länger dauern als bisher geplant. Die "humanitäre Pause" werde auf Bitten internationaler Organisationen von acht auf elf Stunden ausgeweitet, teilte die russische Armee am Mittwoch in Moskau mit. Die Europäische Union und die UNO hatten eine achtstündige Feuerpause als zu kurz kritisiert.