Ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl stehen die Zeichen zwischen den beiden deutschen Schwesterparteien CDU und CSU weiter auf Sturm. Einem Zeitungsbericht zufolge wird CDU-Vorsitzende Angela Merkel erstmals seit ihrer Wahl zur Kanzlerin nicht am CSU-Parteitag teilnehmen. Dies sei nämlich wegen des Dissenses in der Flüchtlingsfrage derzeit nicht sinnvoll.

Merkel und CSU-Vorsitzender Horst Seehofer seien sich in dieser Frage einig, schreibt die Zeitung unter Berufung auf eine Sitzung des CSU-Strategieteams. Seehofer hatte die Kanzlerin beim CSU-Parteitag im Vorjahr auf offener Bühne für ihre Flüchtlingspolitik kritisiert und damit Streit mit der CDU ausgelöst. Die CSU drängt seit Monaten auf einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik, etwa durch die Einführung von Obergrenzen für die Aufnahme von Asylbewerbern, was Merkel unter Verweis auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands ablehnt.

Keine Einladung

Laut der "SZ" richtet man sich in der CDU-Zentrale darauf ein, dass Merkel keine Einladung zum CSU-Parteitag mehr bekommt. Demnach herrsche die Meinung, dass es wichtiger sei, dass man den vereinbarten Prozess zur Verständigung in der Flüchtlingspolitik ernst nehme, um die Reihen vor dem Bundestagswahlkampf zu schließen.

Das CSU-Vorstandsmitglied Stephan Mayer sprach sich in der "Huffington Post" gegen eine Einladung Merkels aus. "Es kommt nicht darauf an, dass die Parteivorsitzenden von CDU und CSU ein Grußwort auf dem Parteitag der Schwesterparteien halten, sondern darauf, dass sich CDU und CSU in der Sache ehrlich und offen austausche und Meinungsunterschiede - zum Beispiel in der Flüchtlingspolitik - nicht verhehlen", sagte Mayer der Zeitung. "Ein verfrühter Formelkompromiss nur des lieben Friedens wegen macht deshalb überhaupt keinen Sinn."

Merkel hat sich bisher auch noch nicht zu einem möglichen neuerlichen Antreten als Kanzlerkandidatin bei der Wahl im kommenden Jahr geäußert. Ob sie für eine Kandidatur die Unterstützung der CSU bekäme, ist fraglich. Im Jahr 2002 hatte die Oppositionsführerin dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Edmund Stoiber den Vortritt lassen müssen, erst drei Jahre später konnte sie als Kanzlerkandidatin der Unionsparteien ins Rennen gehen. Sie führte die Union zu drei Wahlsiegen, in den Jahren 2005, 2009 und 2013. Bei der jüngsten Wahl verfehlte die Union nur knapp die absolute Mehrheit. Merkels Beliebtheit hat wegen der Belastungen durch die Flüchtlingskrise gelitten.