Die Flüchtlingskrise dominiert weiter die Treffen der EU-Innenminister. Während am Donnerstag in Luxemburg große Einigkeit beim Schutz der EU-Außengrenzen demonstriert wurde, herrscht nach wie vor Uneinigkeit beim Verteilungsmechanismus der Flüchtlinge in Europa. Dabei war laut Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) mehrmals "flexible Solidarität" aufgekommen. Beschlüsse gab es keine.

"Die Schritte sind natürlich immer kleine, es hat aber deutliche Fortschritte etwa mit der Grenz-und Küstenwache Frontex gegeben", erklärte Sobotka nach dem Treffen. Die 1.500 Beamten seien jedoch "noch immer zu wenig" - insbesondere was die "blaue Grenze" - also die Seegrenzen zu Italien und Griechenland - angehe, unterstrich der österreichische Innenminister. "Wir haben vorgeschlagen auch noch Militärkräfte mithereinzunehmen."

Österreich unterstützt laut Innenminister den Vorschlag eines gemeinsamen europäischen Asylsystems. Allerdings müsste in den Punkten wie Familiennachzug und Zugang zum Arbeitsmarkt etwas nachgebessert werden. Angesichts der letzten Fortschritte wie etwa bei Frontex - "so schnell war die Europäische Union noch nie" - zeigte er sich zuversichtlich, dass es bald zu einer Einigung kommen werde.

Schnelligkeit forderte auch der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere. Spätestens nach eineinhalb Jahren sollte die Reform des europäischen Asylsystem seiner Meinung nach unter Dach und Fach sein. "Das wäre "ein sehr gutes Tempo (...). Und das brauchen wir auch", sagte er. "Das bisherige Asylsystem hat sich in der Krise als nicht praxistauglich erwiesen." Über die nötigen Änderungen sind die Staaten allerdings uneins.

Keine Bewegung hat es in Sachen Verteilung der Flüchtlinge innerhalb Europas gegeben. In der Debatte kam immer wieder die "flexible Solidarität" auf. Die Slowakei, die seit 1. Juli bis zum Jahresende die EU-Ratspräsidentschaft innehat, gilt als Urheber des Konzepts, wonach Staaten nicht nur durch die Aufnahme von Asylwerbern beitragen könnten, sondern auch durch Finanzmittel oder die Bereitstellung von Grenzschützern. Beim EU-Sondergipfel in Bratislava Mitte September präsentierte die Visegrad-Gruppe (Ungarn, Tschechien, Polen und die Slowakei) das Papier dann offiziell.

"Wenn wir ein gemeinsames Dublin-System zustande bringen wollen, müssen wir auf die unterschiedlichen Überlegungen der Einzelnen Rücksicht nehmen", hatte Sobotka sich bereits im Vorfeld offen für den Vorschlag der Visegrad-Staaten gezeigt. "Rosinenpicken" könnte es dabei nicht geben, das sei aber auch jenen Länder klar, "die sich bisher geweigert haben den Verteilmechanismus zu akzeptieren".

Die EU-Innenminister bestätigten unterdessen auch, die Einführung von europaweit einheitlichen Reisedokumenten, die künftig die Rückführung abgelehnter Asylbewerber erleichtern sollten. Das Europaparlament hatte bereits im September zugestimmt. Die Dokumente sind für Migranten gedacht, die keinen gültigen Pass oder Ausweis haben.

Am Rande des Innenministertreffens wurde laut Sobotka auch über eine Verlängerung der Binnengrenzkontrollen im Schengen Raum diskutiert. "Wir haben uns mit einigen Ländern verständigt - mit den nordischen Ländern und Deutschland - dass wir einen Brief" mit der Aufforderung zur Verlängerung an die Kommission senden, sagte der ÖVP-Politiker. Angesichts der Zehntausenden Migranten in Griechenland und den Balkanstaaten könne er sich aber nicht vorstellen, das die Kontrollen nicht verlängert werden, so Sobotka. Aktuell erlaubt die EU-Kommission noch bis Mitte November Österreich, Deutschland, Dänemark, Schweden und Norwegen diese Binnenkontrollen und zwar auf Grundlage der Tatsache, dass der EU-Außengrenzschutz aktuell durch Griechenland nicht gewährleistet ist. Über eine Verlängerung müssten die EU-Staaten auf Vorschlag der EU-Kommission entscheiden.