Mit Unterstützung von US-Kampfflugzeugen hat die Türkei am Mittwoch ihre bisher größte Offensive gegen die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) auf syrischem Territorium gestartet. Die türkischen Streitkräfte setzten bei der Operation "Schutzschild Euphrat" in der Umgebung des Grenzortes Jarablus Kampfjets, Panzer und Artillerie ein.

Die an der Seite der Türkei kämpfenden syrischen Rebellen nahmen die Stadt am Westufer des Euphrats nach eigenen Angaben ein.

Die US-Streitkräfte setzten nach eigenen Angaben Kampfflugzeuge der Typen A-10 und F-16 ein. Einzelheiten wurden nicht mitgeteilt, vermutlich starteten die Maschinen vom türkischen Stützpunkt Incirlik. Die Nachrichtenagentur Dogan vermeldete den Tod von IS-Kämpfern. Dafür gab es aber keine unabhängige Bestätigung.

An dem türkischen Militäreinsatz waren laut einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu rund 1.500 syrische Aufständische beteiligt. Demnach handelte es sich um Kämpfer der Freien Syrischen Armee. Sie hätten auch das Dorf Keklija erobert, fünf Kilometer von Jarablus entfernt und drei Kilometer hinter der Grenze. Ziel des Einsatzes sei es, "den Bezirk Jarablus von der Terrororganisation IS zu befreien", erklärte die türkische Regierung.

Erdogan will Grenzgebiet sichern

Die Türkei wolle die Probleme im syrisch-türkischen Grenzgebiet beenden, sagte Präsident Recep Tayyip Erdogan. Der in den frühen Morgenstunden angelaufene Einsatz richte sich sowohl gegen den IS als auch gegen die syrisch-kurdische Partei der Demokratischen Union (PYD). Von beiden "Terrorgruppen" gehe eine Gefahr für die Türkei aus. Ankara will die Ausweitung der kurdischen Einflussgebiete in Syrien und somit die Entstehung eines eigenständigen, kurdischen Autonomiegebietes verhindern.

Sowohl die US-Regierung als auch die Bundesregierung unterstützten das türkische Vorgehen in Jarablus. Ein Mitglied der US-Delegation, die sich mit Vizepräsident Joe Biden am Mittwoch in Ankara aufhielt, sagte, es würden Geheimdiensterkenntnisse weitergegeben, auch seien US-Militärberater beteiligt. Ankara handle im Einklang mit den Zielen und Absichten der internationalen Koalition gegen den IS, sagte auch der Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin, Martin Schäfer.

Die US-Regierung erlegte den mit Washington verbündeten kurdischen Kämpfern in Syrien Zurückhaltung auf. Die kurdischen Einheiten dürften den Euphrat nicht Richtung Westen überschreiten, sagte Biden in Ankara. Ansonsten verlören sie die Unterstützung der USA. Dagegen erklärte die halb-autonome kurdische Verwaltung, die weite Gebiete im Nordosten Syriens kontrolliert, der türkische Militäreinsatz sei eine "Kriegserklärung".

Russland "tief beunruhigt"

Die russische Regierung zeigte sich "tief beunruhigt". Der türkische Einsatz könne zu einer Verschärfung der Spannungen zwischen Ankara und den kurdischen Milizen führen, erklärte das Außenministerium in Moskau. Die Regierung in Damaskus erklärte, die türkische Militärintervention sei eine "unverhohlene Verletzung der syrischen Souveränität".

Ankara hatte am Dienstagabend die Evakuierung der türkischen Stadt Karkamis angeordnet, die gegenüber von Jarablus auf der türkischen Seite der Grenze liegt. Karkamis war zuvor von IS-Gebiet in Syrien aus mit Mörsergranaten beschossen worden. Offenbar sollte die Offensive vom Mittwoch kurdischen Einheiten zuvorkommen, die ihrerseits nach der Eroberung der nahegelegenen Stadt Manbij auf Jarablus vorrückten.

Die IS-Miliz verübte in den vergangenen Monaten eine Reihe von Anschlägen in der Türkei. Auch für das Attentat auf eine Hochzeitsfeier mit 54 Toten am Wochenende in Gaziantep werden die Jihadisten verantwortlich gemacht.