Der Konflikt zwischen der Türkei und Österreich wird schärfer. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu warf am Freitag Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) wegen dessen Forderung nach Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen "radikalen Rassismus" und "Lüge" vor. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) wies dies scharf zurück und die FPÖ verlangte unterdessen ein Einreiseverbot für Erdogan.

Cavusoglu hatte erklärt, "heute ist Österreich die Hauptstadt des radikalen Rassismus". Von den Aussagen von Österreichs Bundeskanzler Kern sei "eine hässlicher als die andere".

Kern hatte im ORF-Fernsehen gesagt, die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei seien "nur noch diplomatische Fiktion". Kern hatte zugleich ein "alternatives Konzept" gefordert.

Bundeskanzler Christian Kern
Bundeskanzler Christian Kern © APA/HERBERT PFARRHOFER

Cavusoglu sagte mit Blick auf Regierungsvertreter in Wien: "Was noch hässlicher ist, sie nennen unser Volk, das türkische Volk, das in Österreich lebt, radikal. Vor allem lügen sie. Ich sage es offen." Cavusoglu verwahrte sich auch gegen Kritik aus der EU insgesamt. "Von nun an können sie uns keine Demokratie-Lektion mehr erteilen", sagte er. Auch diesem Volk nicht mehr."

Mäßigung gefordert 

Kurz forderte Cavusoglu erneut zur Zurückhaltung auf. Die Regierung in Ankara müsse sich sowohl in der Wortwahl als auch beim Vorgehen im Land mäßigen. Die Türkei solle lieber ihre Hausaufgaben machen.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache begrüßte Kerns Forderung nach einem Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Allenfalls könnte es eine privilegierte Partnerschaft für Ankara geben. Deutlich schärfer formulierte sein Wiener Parteikollege Johann Gudenus, der ein Einreiseverbot für den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, Außenminister Cavusoglu und Europaminister Ömer Celik verlangte.

"Verbaler Amoklauf"

Gudenus forderte Außenminister Kurz auch auf, den türkischen Botschafter sofort einzubestellen. Er stieß sich am "verbalen Amoklauf" von Cavusoglu, der Österreich als Zentrum des radikalen Rassismus bezeichnet hatte. In Wahrheit seien in der Türkei in den vergangenen Wochen zehntausende Regimekritiker verhaftet worden.

Der Freiheitliche meinte ferner, wer den türkischen Spitzenpolitikern "aus den Reihen der bei uns Gastfreundschaft genießenden Türken zujubeln will, soll das in Ankara machen und am besten auch gleich dort bleiben". "Wir lassen uns Wien mit seinen großherzigen Menschen sicher nicht von kleinasiatischen Machthabern madig machen, die uns einmal mehr deutlich vor Augen führen, dass die Türkei niemals ein Teil von Europa sein wird".

Der Regierungskoordinator der rot-schwarzen Koalition, Harald Mahrer (ÖVP), wies ebenfalls die Beschimpfung Österreichs als Hauptstadt des radikalen Rassismus scharf zurück. Eine Türkei mit derartigen Ansichten passt nicht zu Europa und daher will auch niemand die Türkei in Europa", so Staatssekretär Mahrer.

Die SPÖ forderte von der Türkei die sofortige Freilassung verhafteter Jugendfunktionäre. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder sagte, die Verfolgung unschuldiger Menschen, nur weil sie eine eigene Meinung äußerten, sei aufs Schärfste zu verurteilen.

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn versuchte zu kalmieren. Er plädierte für mehr Geduld der EU im Umgang mit der Türkei. Gleichzeitig meinte er, dass sich die Verhandlungen über eine Visumfreiheit für die Türkei noch mindestens bis Jahresende hinziehen würden.