"Die Kernbotschaft ist ein ganz starkes, positives 'Ja' zu Ehe und Familie", fasste Schönborn die Ergebnisse der Synode für sich zusammen. "Großer Obertitel" sei dabei: "Licht und Schatten der Familie." Der Kardinal erinnerte daran, dass es zu allen Zeiten Krisen der Familien gegeben habe. "Die Aufmerksamkeit bei uns liegt natürlich sehr stark auf der europäisch-westlichen Gesellschaft", rückte er den Fokus der Erwartungen in die Synode zurecht und erinnerte daran, dass die römisch-katholische Kirche auf anderen Kontinenten auch andere Problemstellungen zum Thema hätten.

Dass die europäischen Fragen zum Thema Familie als Luxus-Probleme angesehen werden könnten, sei vielleicht von manchen Teilnehmern überzeichnet dargestellt worden, so Schönborn. "Aber sie erinnern uns daran, dass wir die westliche Situation nicht als Modell für die ganze Welt betrachten dürfen", so der Kardinal. Dies werde etwa in der derzeitigen Flüchtlingssituation klar, die bei der Synode "sehr intensiv" besprochen worden sei. Gerade bei Menschen auf der Flucht spiele die Familie eine sehr große Rolle. Der Besitz von Smartphones sei etwa eine der wenigen Möglichkeiten, Kontakt zu halten.

Ein "wichtiger Schritt" bei der Synode ist für Schönborn der Versuch, in nicht klassischen Beziehungen "positive Elemente zu erspüren und zu benennen". Gegen den moralisch behafteten Begriff der "wilden Ehe" wehrt sich der Kardinal daher. Vielmehr gelte es, Elemente wie Treue, Stabilität und Qualität in diesen Lebensformen anzuerkennen. Das Bekenntnis, auf wiederverheiratete geschiedene Paare individuell zu schauen, nehme vor allem die Seelsorge in den Gemeinden in die Pflicht - eine Aufgabe, die ohnehin schon zu einem großen Teil praktiziert werde.

Konkret will Schönborn nun mehr in die Ehevorbereitung und Familienbegleitung in Österreichs Diözesen investieren: "Auf die Priesterweihe bereitet man sich sieben Jahre lang vor, auf die Ehe nur einen Nachmittag. Das kann es ja nicht gewesen sein." Aber auch die Zusammenarbeit der Familieneinrichtungen der römisch-katholischen Kirche solle intensiviert werden, plant der Kardinal. Und nicht zuletzt solle die Familienpolitik wieder stärker in den Vordergrund gerückt werden. "Das Momentum dürfen wir nicht versäumen", will Schönborn nun rasch handeln.

Im Einsetzen der jüngsten außerordentlichen Bischofssynoden sieht Schönborn einen Fortschritt in der Diskurs-Kultur, der Papst Franziskus zu verdanken sei. "Das hat wirklich das Klima verändert", resümiert der Wiener Erzbischof und ortet auch große Fortschritte in der Methodik derartiger Zusammenkünfte, welche eine intensivere Beschäftigung ermöglichten. Schönborn glaubt, dass es künftig auch vermehrt lokale "Vorsynoden" zur Vorbereitung auf derartige Großereignisse geben könnte.

Der Wiener Erzbischof und der emeritierte Papst Benedikt XVI. sollen eine wesentliche Rolle bei der Suche nach einem Kompromiss für den Schlussbericht der am Sonntag zu Ende gegangenen Familiensynode gespielt haben. Dies berichtete die römische Tageszeitung "La Repubblica" am Montag.

Benedikt und Schönborn, der laut dem Blatt als möglicher Papst-Kandidat bei einem nächsten Konklave gilt, hätten sich vergangene Woche getroffen. Laut "Repubblica" könnte Benedikt Druck auf den konservativen Flügel der Synodenväter unter der Leitung des deutschen Kardinals Gerhard Ludwig Müller, Präfekt der Glaubenskongregation, ausgeübt haben, damit es zu keiner Spaltung in der Synode komme. Müller sei für Sicht Josef Ratzingers besonders sensibel, meinte "La Repubblica".

"Das errungene Resultat ist ein wahres Wunder", kommentierte Pater Thomas Rosica, Direktor der katholischen Nachrichtenwebsite "Salt & Light" und Mitarbeiter des Vatikanischen Presseamtes das Ergebnis. Vor allem, dass der heikle Passus zu den wiederverheirateten Geschiedenen mit Zwei-Drittel-Mehrheit verabschiedet worden sei, sei beachtenswert.

Laut dem emeritierten Erzbischof von Sao Paolo, Kardinal Claudio Hummes, ist die Verabschiedung des Schlussberichts und der damit verbundenen Einigung zwischen konservativen und weltoffeneren Tendenzen unter den Synodenteilnehmern eine wichtiges Zeichen dafür, dass die Kirche Franziskus unterstützt. "Dieser Schlussbericht ist ein Startpunkt, von dem aus Franziskus seine Reform der Kirche fortsetzen kann", betonte Hummes.

Aus der Synode gehe eine stärkere Kirche hervor. Diese lebe im Bewusstsein, dass das Evangelium in die Welt gebracht werden müsse. "Wenn die Kirche nicht den Leiden der Menschen nahe steht, ist sie steril. Das haben die Synodenväter klar begriffen", so Hummes.