Die Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl wird nun fix verschoben. Der ursprünglich für 2. Oktober angesetzte Urnengang findet wegen der Pannen bei den Briefwahl-Kuverts am 4. Dezember statt. Einen Tag später, am Krampus-Tag, wird nach der Auszählung der Briefwahlstimmen feststehen, wer für die nächsten sechs Jahre Österreichs Staatsoberhaupt ist.

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und die Klubobleute der Parlamentsparteien haben sich am Montag auf den neuen Terminplan verständigt. Zuvor verkündete der Innenminister, dass die Wahlbehörde wegen der defekten Wahlkarten eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahl am 2. Oktober nicht gewährleisten könne. "Wir können nicht abschätzen, wie viele und welche dieser Wahlkarten sich noch öffnen könnten." Sobotka bat die Wähler und die Kandidaten um Entschuldigung.

Sobotka ermittelt gegen die eigenen Leute

Das Innenministerium hat das Bundeskriminalamt beauftragt zu ermitteln, ob Mitarbeiter in der Wahlkartencausa gegen das Strafrecht verstoßen haben. Es geht um die Empfehlung, schadhafte Wahlkarten selbst mit Klebstoff zuzukleben. Das sei "wahrscheinlich strafrechtlich relevant", sagte Sobotka im ORF-"Report".

Das BKA soll ermitteln, wer die Mitarbeiter waren, es kämen zwei infrage. Schon in der Vorwoche hat das Innenministerium das Bundeskriminalamt beauftragt, die schadhaften Wahlkarten zu prüfen - und mittlerweile zwei externe Firmen mit der Suche nach den Ursachen beauftragt.

Zusatzkosten: Zwei Millionen

Bundespräsidenten-Stichwahl wird am 4. Dezember wiederholt

Die Verschiebung, die etwa zwei Millionen Euro kosten könnte, soll vom Nationalrat am 21. September mit einem eigenen Bundesgesetz und einer Reihe von Sonderbestimmungen beschlossen werden. Dazu wird das Bundespräsidentenwahlgesetz von 1971 geändert. Bereits morgen, Dienstag wird der parlamentarische Prozess in Gang gesetzt, der entsprechende Initiativantrag wird dem Verfassungsausschuss zugewiesen. SPÖ, ÖVP, Grüne und NEOS unterstützen das Vorhaben. Die FPÖ fordert für ihre Zustimmung das Aus für die Briefwahl, das Team Stronach meldete verfassungsrechtliche Bedenken an.

Im Zuge des Sondergesetzes sollen auch die Wählerverzeichnisse erneuert werden, so dass bei der neuerlichen Stichwahl am zweiten Adventsonntag auch jene wahlberechtigt sind, die nach dem ersten Durchgang der Bundespräsidentenwahl - das war der 24. April - inzwischen das 16. Lebensjahr vollendet haben. Da diese Maßnahme eine Korrektur des laufenden Wahlprozesses darstellt, soll sie als Verfassungsbestimmung verankert werden. Die dafür nötige Zwei-Drittel-Mehrheit lässt sich mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS erreichen.

Neue alte Wahlkuverts

Van der Bellen hält „Wahlverschiebung für bedauerlich, aber richtig“

Verschiebung der Wahlwiederholung: Geht's noch?

Laut Innenminister Sobotka will man nun auf ein "einfaches Wahlkuvert", wie es bis 2009 in Verwendung war, ausweichen. Die Staatsdruckerei soll mit der Herstellung beauftragt werden. Die Direktvergabe ohne Ausschreibung  sei wegen "Gefahr im Verzug" rechtlich zulässig. Personelle Konsequenzen wegen der Pannenserie schloss Sobotka nicht aus. Der Innenminister kündigte zunächst eine "Evaluierung" an.

Für den FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer und den von den Grünen unterstützten Alexander Van der Bellen, der bei der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Stichwahl am 22. Mai mit 50,35 Prozent knapp die Nase vorne hatte, wird der Wahlkampf damit wohl insgesamt ein ganzes Jahr dauern. Von der FPÖ kam denn auch Kritik an der Verschiebung. "Die Regierung ist nicht in der Lage, eine korrekte Wahl fristgerecht sicherzustellen, die Peinlichkeiten nehmen kein Ende", so FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Das nun geplante Gesetz müsse jedenfalls eine Reform der Briefwahl beinhalten, fordert Kickl.

"Ich nehme das einfach zu Kenntnis", sagte FPÖ-Kandidat Hofer zur APA. "Ich weiß, dass die Österreicher keine Freude damit haben werden. Ich versuche das Beste daraus zu machen". Den Wahlkampf wolle er wie geplant weiterführen. "Ich mache keine Pause", so Hofer. Der von den Grünen unterstützte Van der Bellen hält die Verschiebung "zwar für bedauerlich, aber für sachlich richtig". Der frühere Grünen-Chef versprühte bei einer Pressekonferenz Optimismus, der Wahlsieg "wird uns auch diesmal gelingen".

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) wollte die Causa am Montag nicht weiter kommentieren. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) nannte die Verschiebung eine gute Entscheidung. Es sei im Sinne der Demokratie, "dass wir so vorgehen, als wieder mit irgendwelchen Problemen ausgestattet neuerliche Diskussionen zu riskieren", sagte Mitterlehner, der in einer Video-Botschaft auch von einer "Schuld des Klebers" sprach.

"Österreich macht sich lächerlich"

Eine "sehr ernste" Situation ortete SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder. Österreich mache sich "lächerlich", und viele Leute würden an der Demokratie zweifeln. Die Verschiebung sei der Versuch, "zerschlagenes Porzellan zu kitten", so Schieder. Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig bezeichnete die Änderung des Wählerregisters und die Öffnung für die inzwischen 16-Jährigen als "demokratiepolitisch unvermeidlich". NEOS-Klubchef Matthias Strolz forderte personelle Konsequenzen. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim stellte wegen der Pannen in der Wahlbehörde gar einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Diskussion.

Spätestens im Jänner dürfte die Angelobung des neuen Bundespräsidenten stattfinden. Vorausgesetzt es kommt nicht zu einer neuerlichen Anfechtung der Stichwahl.