Über das Heer lässt sich trefflich streiten. Erfüllt es seine Aufgaben, ist es im Ernstfall verloren, ist seine Erhaltung reine Geldverschwendung oder geben wir im Gegenteil viel zu wenig für unsere militärische Verteidigung aus?

Objektschutz, Terrorismusbekämpfung, Schutz vor Cyberattacken und die Luftraumsicherung listet Generalmajor Johann Culik auf. Der ehemalige niederösterreichische Militärkommandant wirbt für die Beibehaltung der Wehrpflicht. "Wir wollen keinen Krieg und es wird auch keinen geben", sagt er auf die Frage, ob unser Heer nicht hilflos unterlegen wäre im Fall eines Angriffs. Eine "Erfolgsgeschichte" nennt er die Auslandseinsätze unserer Bundesheersoldaten. Auch funktioniere die Luftraumüberwachung, wie sich alljährlich beim Weltwirtschaftsforum in Davos zeige, das Österreich und die Schweiz gemeinsam aus der Luft schützen.

Nicht anspruchsvoll

Weniger rosig ist die Leistungsbeschreibung des früheren Sektionschefs im Verteidigungsministerium, Erich Reiter. Der streitbare Kämpfer für ein Berufsheer hält nicht einmal das Lob der Auslandseinsätze für stichhaltig. Für Reiter sind die Peacekeeping-Missionen des Bundesheeres "keine anspruchsvollen Einsätze". Selbst die bisher gefährlichste Mission, jene im Tschad, sei trotz aller Gefahren militärisch nicht "anspruchsvoll" gewesen. Für solche Einsätze fehle uns die Ausstattung. "Wenn es eine kriegerische Entwicklung für uns geben kann, dann im Hightech-Bereich", analysiert Reiter. "Und da sind wir nicht vorhanden."

In der Einschätzung der militärischen Bedrohungslage aus heutiger Sicht sind sich die beiden einig. Reiter aber hält den europäischen Einigungsprozess nicht für unumkehrbar. "Solange das so ist, sollten Länder ein gewisses Maß an militärischen Fähigkeiten behalten, um sie im Ernstfall wieder hochfahren zu können." So eine Kernarmee aber müsse eine Berufsarmee sein, meint Reiter.

Doppelte Kosten

Weit klaffen die Ansichten über die Kosten dafür auseinander. Sollte es dasselbe können wie das heutige Heer, rechnet Generalmajor Culik mit einer Verdoppelung der Kosten. Reiter flüchtet in die Ironie: "Ein Berufsheer, das können soll, was das heutige Heer können SOLLTE, kostete sicher das Drei- bis Vierfache. Ein Heer, das können soll, was das jetzige schon KANN, kostet nur ein Drittel."

Wie Culik fürchtet auch der ehemalige Kommandant der Landesverteidigungsakademie, General Erich Eder, dass sich zu wenige Freiwillige melden. Jene von Verteidigungsminister Norbert Darabos veranschlagten sofort verfügbaren 14.000 Soldaten hält Culik darüber hinaus für zu wenig, um die Aufgaben zu erfüllen. Er rechnet allerdings mit dem schlimmsten Fall - wie 2002. Hochwasserkatastrophen dieser Art aber sollten nach Ansicht Reiters im europäischen Rahmen bekämpft werden und das Heer lediglich Unterstützung leisten, statt Sandsäcke zu stapeln.

Wie müsste die Wehrpflicht reformiert werden, so sie bleibt? Der Grundwehrdienst müsste wirklich attraktiv gestaltet werden, so Culik. "Reform? Das geht nicht", sagt Reiter. Er kann sich sogar vorstellen, dass Österreich früher oder später das Heer abschafft. Oder Aufgaben der Feuerwehr überträgt. Aber da ist der Spötter mit ihm durchgegangen.