Befragt wird das Volk nächsten Sonntag eigentlich über eine Änderung des Artikels 9a im Bundesverfassungsgesetz. Darin heißt es: Jeder männliche Staatsbürger ist wehrpflichtig. Frauen können freiwillig Dienst im Bundesheer leisten. Und wer die Wehrpflicht aus Gewissensgründen verweigert, hat die Pflicht, einen Ersatzdienst (Zivildienst) zu leisten.

Wie Österreich seine Sicherheit gestaltet, ist - abgesehen von der Neutralität - anderswo festgeschrieben. Zum Großteil im Wehrgesetz von 2001, das vorschreibt, dass das Bundesheer nach den Grundsätzen eines Milizsystems einzurichten und aufgrund der allgemeinen Wehrpflicht zu bilden und zu ergänzen sei. Bei fast jeder Angelobung zitiert, die Hauptaufgaben des Heeres: militärische Landesverteidigung, sicherheitspolizeiliche Assistenz, Hilfeleistung bei Katastrophen und Unglücksfällen sowie der Auslandseinsatz zu Friedenssicherung und humanitärer Hilfe.

Oft war zuletzt auch von der neuen Sicherheitsstrategie die Rede. Die gibt es jedoch noch nicht, jedenfalls nicht als Gesetz. Im März 2011 verabschiedete der Ministerrat zwar einen Entwurf zur Sicherheitsstrategie - als Nachfolgedokument der 2001 von Schwarz-Blau beschlossenen Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin. Dem Beschluss im Parlament kam jedoch der Wehrpflichtstreit zuvor, obwohl diese Frage in dem 14-seitigen Papier gar nicht berührt wird. Es beschreibt die neuen Bedrohungen und definiert als Antwort darauf die "umfassende Sicherheitsvorsorge". Im internationalen Kontext steht die EU mit ihrer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik im Vordergrund, auch die Nato-Partnerschaft soll verstärkt werden. Eine Nato-Beitrittsoption ist im Gegensatz zu früher nicht mehr enthalten.

Konkrete Ableitungen auf das Aufgabenspektrum des Bundesheeres liefert der öffentlich zugängliche Analyseteil der Sicherheitsstrategie kaum. Immerhin definiert er Kriterien für die Teilnahme an internationalen Einsätzen. Einig ist sich die Regierung auch darüber, dass 12.500 Soldaten gleichzeitig im Inland und 1100 für den Auslandseinsatz möglich sein müssen. Planungen im Verteidigungsministerium gehen freilich tiefer. So wurden durch den Generalstab mehrere Streitkräfteprofile erarbeitet, jenes mit dem Titel F2 letztlich vom Minister abgesegnet. Es beschreibt, welche Fähigkeiten das Militär ausbauen und welche auf den "Kompetenzerhalt" reduzieren soll. WILFRIED ROMBOLD