Mitte Jänner soll der Prozess gegen ein mutmaßliches russisches Agentenduo mit österreichischen Reisepässen in Stuttgart starten. Das berichtete die Tageszeitung "Kurier" unter Berufung auf die deutsche Wochenzeitung "Die Zeit" sowie das Nachrichtenmagazin "Focus". Der 46-jährigen Hausfrau und dem 51-jährigen Maschinenbauer wird in Deutschland Spionage vorgeworfen.

Die Eheleute wurden Ende Oktober des Vorjahres im baden-württembergischen Balingen und im hessischen Marburg verhaftet. Sie stünden im Verdacht für Russlands Auslandsgeheimdienst SWR gearbeitet zu haben, berichtete das Magazin "Spiegel" damals. Demnach handelt es sich bei dem Fall um den ersten seiner Art in Deutschland seit der Wiedervereinigung. Die Ermittler vermuten, dass die mögliche Geheimdiensttätigkeit des Ehepaars noch zu Zeiten des früheren russischen Auslandsgeheimdiensts KGB begann.

Zu österreichischen Pässen kamen sie mit Hilfe von Geburtsurkunden, die sie als Kinder von österreichischen Emigranten auswiesen. Mit diesen vermutlich gefälschten Dokumenten soll ihnen ein steirischer Standesbeamter vor rund 28 Jahren falsche Identitäten ausgestellt haben. Gegen den Amtsleiter wurden Ermittlungen wegen möglichen Amtsmissbrauchs eingeleitet, mittlerweile jedoch wieder eingestellt, so der "Kurier".

1988 soll der verdächtige Mann nach Westdeutschland gezogen sein. Die mutmaßlichen Spione waren dem deutschen Bundesamt für Verfassungsschutz aufgefallen, nachdem die US-Bundespolizei FBI im vergangenen Jahr einen Agentenring des SWR in den USA aufgedeckt hatte. Laut "Focus" soll das Duo intensiven Kontakt mit der 2010 enttarnten russischen Agentin Anna Chapman gehabt haben. Chapman war eine der zehn russischen Agenten, die im Sommer 2010 in einem spektakulären Deal gegen vier mutmaßliche US-Spione ausgetauscht wurden. Der Transfer fand am Flughafen Wien-Schwechat statt.

Innenministeriums-Sprecher Karl-Heinz Grundböck wollte den Bericht auf APA-Anfrage nicht kommentieren. Die Zuständigkeit für den Fall liegt bei den deutschen Behörden. Der Prozess in Stuttgart ist laut "Kurier" auf 31 Verhandlungstage anberaumt.