Bei einem der blutigsten Luftangriffe seit Beginn des Aufstands in Syrien sind am Sonntag Dutzende Zivilisten getötet worden. Allerdings schwankte die Zahl der Todesopfer je nach Angaben. Anrainer zufolge kamen bei der Bombardierung einer Bäckerei in der Stadt Halfaya in der zentralsyrischen Provinz Hama etwa 90 Menschen ums Leben, die in einer Schlange standen, um Brot zu kaufen. Die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte sprach von 60 Toten. In ersten Berichten war sogar von bis zu 200 Todesopfern die Rede gewesen war.

Unter ihnen befanden sich demnach viele Frauen und Kinder. Die Stadt war vor kurzem von Rebellen eingenommen worden. Von Aktivisten ins Internet gestellte Videos zeigten zahlreiche blutüberströmte Leichen, die zwischen Trümmern lagen.

Der Kameramann sagt: "Schau, Welt, schau Dir das Massaker von Halfaya an." Stadtbewohner wühlten mit bloßen Händen im Schutt nach Überlebenden, während Tote und Schwerverletzte inmitten des Chaos auf offenen Pritschenwagen abtransportiert wurden - professionelle Rettungskräfte waren offenbar zunächst nicht vor Ort.

Insgesamt sollen mehr als tausend Menschen vor der Bäckerei angestanden sein. Angesichts der Lieferengpässen bei Treibstoff und Mehl können die Bäcker in ganz Syrien nur noch sehr unregelmäßig produzieren. Die Einwohner müssen manchmal stundenlang warten, um an Brot zu gelangen. Seit Beginn des Bürgerkriegs sind in Syrien mehr als 40.000 Menschen ums Leben gekommen.

Der internationale Sondergesandte Lakhdar Brahimi reiste erstmals seit zwei Monaten wieder nach Syrien. Dabei wählte er den Landweg von Libanon aus, weil die Verbindung zwischen Damaskus und dem internationalen Flughafen der syrischen Hauptstadt wegen Kämpfen unsicher geworden ist.

Ende August hatte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch den Truppen des syrischen Machthabers Bashar al-Assad vorgeworfen, innerhalb von drei Wochen allein in der nordsyrischen Provinz Aleppo mindestens zehn Bäckereien bombardiert zu haben. Dabei seien viele Menschen getötet worden, allein 60 bei einem Bombardement in der Stadt Aleppo Mitte August.

Kurz vor Brahimis Ankunft am Sonntag sagte der syrische Informationsminister Omran al-Sohbi, er wisse nichts von einem derartigen Besuch. Er rief erneut zu einem innersyrischen Dialog auf, um den Konflikt beizulegen. Die Aufständischen machen Assads Machtverzicht zur Vorbedingung für jegliche Verhandlungen.

Nach Erhebungen der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) sind bei dem Konflikt in Syrien bisher mehr als 700 Palästinenser getötet worden. Die PLO habe die syrische Regierung aufgefordert, die in Syrien lebenden palästinensischen Langzeit-Flüchtlinge aus dem Konflikt "herauszuhalten", sagte der PLO-Flüchtlingsbeauftragte Sakariya al-Aga am Sonntag bei einer Konferenz zur Lage der Flüchtlinge, die in der ägyptischen Hauptstadt Kairo stattfand.

Die Spannungen in den Flüchtlingslagern der Palästinenser, die zum Teil schon seit Jahrzehnten in Syrien leben, haben in den vergangenen Wochen zugenommen. Am Sonntagabend wurden nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London erneut mehrere Raketen auf das Flüchtlingslager Yarmuk in Damaskus abgefeuert. Dabei wurden zwei Männer getötet, ein dritter wurde von einem Heckenschützen tödlich getroffen.

Bereits vor einer Woche wurden aus Yarmuk Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern der syrischen Führung gemeldet. Der bewaffnete Konflikt in Syrien begann im März 2011.