"Das ist eine kluge Entscheidung im pro-europäischen Geist unserer Verfassung", erklärte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Mittwoch in Berlin. Ausdrücklich begrüßte er auch die Vorbehalte des Gerichts. "Die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene Begrenzung unserer Haftungspflicht ist richtig und notwendig. Die deutsche Leistungskraft darf nicht überfordert werden."

Das deutsche Verfassungsgericht hat grünes Licht dafür gegeben, dass der Bundespräsident die Gesetze zum ESM und zum Fiskalpakt für eine straffere Haushaltsdisziplin unterzeichnen darf. Allerdings muss die deutsche Bundesregierung sicherstellen, dass die deutsche Haftungsobergrenze im ESM ohne eine weitere Entscheidung des Bundestages nicht über 190 Milliarden Euro steigen darf.

Philipp Rösler (FDP)

Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) zeigte sich zuversichtlich, dass nun ein stabiles Bollwerk rund um den Euro gebaut werde. "Heute ist ein guter Tag für Europa", sagte er in Berlin. "Mit diesem klaren und eindeutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts sind wir dem Ziel, den Euro stabil zu halten, einen wichtigen Schritt nähergekommen." Der Kurs der Bundesregierung und der Koalition sei bestätigt worden. So sei eine Haftungsbegrenzung stets das Ziel der FDP gewesen. Der Weg für die Ratifizierung des ESM sei nun frei.

SPD-Chef Sigmar Gabriel

SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte in Berlin, das Karlsruher Urteil sei eine gute Nachricht für die deutschen Arbeitnehmer. "Wäre Europa instabil geworden, wäre das eine schlimme Nachricht auch für deutsche Arbeitnehmer und die deutsche Wirtschaft gewesen." Gleichzeitig kritisierte er aber die Europäische Zentralbank für ihren Kurs beim Kauf von Staatsanleihen. "Jetzt kauft die EZB (...) vor allem Zeit für Frau Merkel, denn die Rechnung wird nach der Wahl präsentiert werden."

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte: "Damit kann der sogenannte ESM endlich seine Arbeit aufnehmen, kann seinen Beitrag leisten für die Stabilisierung bei den Schwierigkeiten in der Euro-Zone". Er sei froh, dass eine verfassungsgerichtliche Klärung erreicht sei und die parlamentarischen Entscheidungen gebilligt worden seien. Zudem habe das Gericht die Parlamentsrechte gestärkt. Die SPD hatte im Bundestag und Bundesrat die Verabschiedung des ESM-Gesetzes mitgetragen.

Grünen-Chef Cem Özdemir

Grünen-Chef Cem Özdemir sieht nun Eile geboten, den ESM wirksam werden zu lassen. "Deutschland sollte nun möglichst schnell das Ratifizierungsverfahren abschließen, damit der ESM endlich starten kann", sagte er in Berlin. Das Urteil sei aber nur ein wichtiger Schritt auf dem Weg aus der aktuellen Krise. "Es braucht jetzt ebenso entschiedene Schritte zu einer ausreichend demokratisch kontrollierten Bankenunion, die Einführung der beschlossenen Finanztransaktionssteuer und einen Altschuldentilgungsfonds, der den Krisenländern Luft für weitere Reformen verschafft."

Gregor Gysi, der Fraktionsvorsitzender der Linken

Gregor Gysi, der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, zeigte sich nicht unzufrieden mit dem Urteil. "Da haben wir doch was geleistet für die Demokratie", sagte er. Seine Partei hatte vor dem Verfassungsgericht ebenfalls Klage gegen den Vertrag eingereicht. Er begrüße, dass die Karlsruher Richter eine Haftungsbegrenzung eingefordert und die Rechte des Bundestages betont hätten.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer sagte, mit dem Urteil sei klar, dass Deutschland sich für das Ausland nicht unbegrenzt verschulden dürfe. "Ich glaube, dass das ein sehr logischer Schluss des Bundesverfassungsgerichts ist, eine Grenze für die Verschuldung nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland zu setzen", sagte er. Die Leistungsfähigkeit Deutschlands dürfe nicht überfordert werden, sagte Seehofer, der sich bis Donnerstag in seiner Funktion als Bundesratspräsident in Israel aufhält.

Euro-Skeptiker

Unter Euro-Skeptikern war man geteilter Ansicht. Der FDP-Politiker Frank Schäffler wertete die Entscheidung als Bestätigung. "ESM sind die Zähne gezogen. Haftungssumme, Immunität und Dauerhaftigkeit waren unsere Hauptkritikpunkte", erklärte er über den Kurznachrichtendienst Twitter.

Der Innenexperte der Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach, warnte hingegen von einem Wandel der Europäischen Union zur Transferunion. "Jetzt wird aus dieser Währungsunion durch die Vergemeinschaftung von Schulden zunächst eine Haftungsunion und am Ende wohl auch - jedenfalls können wir das nicht ausschließen - eine Transferunion", sagte der CDU-Politker am Mittwoch in Berlin. "Dafür haben wir die Zustimmung der Bevölkerung nie erbeten."

Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Euroskeptiker Klaus-Peter Willsch zeigte sich enttäuscht. "Ich hätte mir natürlich etwas mehr erwünscht", sagte der Haushaltspolitiker im Sender n-tv. Es habe gehörigen medialen Druck auf die Verfassungsrichter gegeben. Er begrüße, dass die Haftungsobergrenze von 190 Milliarden Euro völkerrechtlich auch bei der Ratifizierung hinterlegt werden müsse. Mit der Entscheidung der EZB zum Anlauf von Staatsanleihen unterscheide sich der Währungsraum deutlich von dem, der in Europa einst gegründet worden sei.