Im Ringen um eine mehrheitsfähige Regierung in Griechenland hat die sozialistische PASOK einen Rückschlag erlitten. Die moderate Demokratische Linke (DINAR), die am Donnerstagabend ihre Beteiligung an einer Regierung mit der PASOK und der konservativen Nea Dimokratia (ND) in Aussicht gestellt hatte, lehnt die Rolle des Mehrheitsbeschaffers ab. DIMAR-Chef Fotis Kouvelis machte am Freitag die Teilnahme seiner Partei von der Einbindung des Bündnisses der Radikalen Linken (SYRIZA) abhängig. Diese lehnt aber das von den internationalen Kreditgebern verordnete Sparprogramm strikt ab, dessen Umsetzung die Bedingung für die Auszahlung weiterer Hilfen ist.

Die Demokratische Linke sei nicht bereit, nur mit den beiden Sparkursbefürwortern ND und PASOK zu koalieren. "Das haben wir deutlich gemacht", betonte Parteichef Kouvelis in Athen. Zuvor hatte ND-Chef Antonis Samaras erklärt, die Vorstellungen der Sozialisten und der DIMAR wären denen der Konservativen "sehr ähnlich". Zusammen kämen die drei Parteien auf eine Mehrheit von 168 Abgeordneten im 300 Sitze zählenden Parlament. Kouvelis will sich aber nur an einer Regierung mit Sozialisten und Konservativen beteiligen, wenn auch das Bündnis der Radikalen Linken, die zweitstärkste Kraft im Parlament, mit dabei ist. Die Regierung sollte so breit wie möglich sein, um Griechenland den Euro zu erhalten und stufenweise vom diktierten Sparprogramm zu lösen, betonte Kouvelis.

Eine Regierung der nationalen Einheit solle eine Neuverhandlung des von den internationalen Kreditgebern vorgegebenen Sparplans vorbereiten, sagte Samaras, nachdem er mit dem PASOK-Vorsitzenden Evangelos Venizelos zu einem halbstündigen Gespräch zusammengetroffen war. Venizelos hatte nach dem Scheitern von Samaras und dem SYRIZA-Vorsitzenden Alexis Tsipras das Sondierungsmandat von Staatspräsident Karolos Papoulias erhalten. Am Abend war ein weiteres Treffen zwischen Venizelos und Tsipras geplant. Ein SYRIZA-Sprecher erklärte, dass die von Samaras vorgeschlagene Mehrparteienregierung eine Pro-Sparprogramm-Regierung sein würde und an dieser würden die Radikalen Linken nicht teilnehmen.

Das Einlenken der Konservativen ist nach Ansicht politischer Beobachter in erster Linie vor dem Hintergrund der Ergebnisse neuester Meinungsumfragen zu sehen, nach denen sie nicht mehr stärkste Kraft werden würde. Vielmehr würde das Bündnis der Radikalen Linken mit bis zu 24 Prozent Stimmenanteil vorgezogene Wahlen gewinnen. Die stärkste Partei erhält nach dem griechischen Wahlgesetz zusätzlich 50 Mandate im 300 Sitze umfassenden Parlament. Alle anderen Parteien würden laut Umfragen Stimmen verlieren.

Tsipras hat für den Fall einer Regierungsübernahme ein "Rückzahlungsmoratorium" für griechische Schulden angekündigt. Internationale Kontrollore sollten prüfen, wie hoch genau die Schulden Griechenlands seien - und ob sie rechtmäßig seien. Außerdem müssten auch alle "arbeiterfeindlichen" Gesetze zurückgenommen werden. Tsipras warnte am Donnerstag in einem Brief an die Spitzen der Europäischen Union vor einer humanitären Katastrophe in Griechenland. Das Sparpakt könne nicht so bleiben. "Die Abstimmung des griechischen Volkes vom 6. Mai nimmt dem Memorandum (Sparpakt) die rechtliche Grundlage", heißt es in dem Brief. "Mehr als 3,5 Millionen Wähler haben dagegen gestimmt."

Beobachter in Athen gehen davon aus, dass über Erfolg oder Misserfolg der Regierungsbildung endgültig erst bei Unterredungen aller Parteien unter Vorsitz des Staatspräsidenten wahrscheinlich am Montag entschieden wird. Mit weiteren Milliardenhilfen der anderen Euroländer kann Griechenland nur rechnen, wenn es die mit der EU und dem Internationalem Währungsfonds (IWF) vertraglich festgelegten Spar- und Reformvorhaben verwirklicht. Erst Mitte der Woche hatte die EU-Spitze Athen zur Vertragstreue ermahnt. Das unter immensen Schulden ächzende Land braucht bald wieder frische Milliarden - bis Ende Juni sollen es 30 Milliarden Euro sein. Sollte der Geldhahn zugedreht werden, wäre Griechenland Ende Juni pleite.