Im Untersuchungsausschuss des Parlaments hat heute mit dem früheren Immofinanz-Chef Karl Petrikovics eine der Schlüsselfiguren der Buwog-Affäre ausgesagt. Gegen Petrikovics wird wegen der Zahlung von 9,9 Mio. Euro an den Lobbyisten Peter Hochegger ermittelt, die er als erfolgsabhängiges Honorar für Informationen zum Verkauf der Bundeswohnungen zahlte. Die Zahlungen liefen auf Wunsch von Hochegger an dessen Gesellschaft Astropolis auf Zypern, auch Rechnungen wurden ausgestellt: Da sei es um "Scheinleistungen" auf Scheinrechnungen gegangen, räumte Petrikovics Manipulationen rund um die Buwog-Provision ein.

Die Scheinrechnungen stellte Hocheggers Astropolis auf Zypern an die Constantia Privatbank Corporate Finance (CPB Corporate Finance). "Es war der Wunsch, dass wir einen anderen Rechnungszweck verwenden", sagte Petrikovics. Die Rechnungshinhalte waren "erfunden", gestand er ein. Er habe die Inhalte selber mit dem früheren Immofinanz-Vorstand Christian Thornton besprochen. Die Scheinrechnungen seien auf Wunsch von Hochegger erstellt worden. "Dass er besondere Diskretion haben wollte, das habe ich schon gemerkt", räumte Petrikovics heute ein. Dass er da mitgemacht habe, sei "ein Fehler" gewesen.

Woher Hochegger die für den Sieg bei der Vergabe so wichtigen Informationen aus dem laut Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (F/V) streng vertraulichem Bieterverfahren hatte, habe er den Lobbyisten damals nicht gefragt, sagte Petrikovics im U-Ausschuss. Hochegger habe damals die größte Kommunikationsagentur des Landes geführt. "Wenn man über diesen Hintergrund verfügt, kann man diese Informationen irgendwie erhalten", meinte der früherer Immo-Manager.

Mit Hochegger habe er Kontakt seit den 90er Jahren gehabt. Walter Meischberger kenne er nicht, er habe von dessen Involvierung erst 2009 erfahren. Grasser kenne er nur von einigen Terminen, sagte Petrikovics heute. Hochegger hatte die Information nach seinen Angaben von Meischberger erhalten, dieser wiederum kann sich nicht mehr erinnern, von wem er die Informationen zum Finanzierungsrahmen des Mitbieters CA Immo hatte, schließt aber Infos durch Grasser aus. Gegen alle wird wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch und Untreue ermittelt, es gilt die Unschuldsvermutung.

Die Initiative sei von Hochegger gekommen, schilderte Petrikovics: Hochegger habe sich im April 2004 an ihn gewandt und "seine Dienste" angeboten, daraufhin habe er diesen beauftragt. Zuerst sei ein mündlicher Vertrag geschlossen worden, dann vier Wochen später am 2. Juni 2004 ein schriftlicher Vertrag, der beim Notar hinterlegt wurde. In dem Vertrag habe er sich verpflichtet, ein Prozent des Kaufpreises, bzw. den auf die Immofinanz entfallenden Anteil des Kaufpreises, zu entrichten.

Hochegger habe ihm die "Empfehlung" gegeben, über 960 Mio. Euro zu bieten, sagte Petrikovics. 960 Mio. Euro war damals der Finanzierungsrahmen des Mitbieters CA Immo - das war aber nicht öffentlich, sondern Teil des geheimen Bieterverfahrens. Da das Österreich-Konsortium (Immofinanz, Raiffeisen Landesbank Oberösterreich als Konsortialführer, Wiener Städtischer Versicherung, Hypo OÖ und OÖ Versicherung) daraufhin 961 Mio. Euro bot, erhielt es den Zuschlag.

Laut Petrikovics war die Rolle der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich (RLB OÖ) im Zusammenhang mit der Buwog-Provision größer, als die RLB OÖ selber dies darstellt. Die RLB OÖ habe ebenfalls während des Bieterverfahrens um die Bundeswohnungen mit Peter Hochegger Kontakt gehabt, weil er selber damals Hochegger zur RLB OÖ geschickt habe. Die RLB OÖ sei der Konsortialführer des "Österreich-Konsortiums" gewesen und nicht die Immofinanz, betonte der frühere Immofinanz-Chef. Seitens der RLB OÖ sei Georg Starzer für die Kommunikation zuständig gewesen. Hochegger habe damals mit Starzer gesprochen. Die Immofinanz habe nur wegen eines Gegengeschäfts mit der RLB OÖ beim Kauf der ESG letztlich die gesamte Provision an Hochegger gezahlt, so Petrikovics.

Petrikovics bestätigte bisherige Berichte, dass Hochegger sogar 300.000 Euro zuviel erhalten hat: Ausbezahlt wurden ihm nämlich nicht die vereinbarten 9,6 Mio., also ein Prozent des Kaufpreises von 961 Mio. Euro, sondern 9,9 Mio. Euro. "Offensichtlich ist im Rechnungswesen ein Fehler passiert, und es wurde ihm zu viel bezahlt", so Petrikovics. Die Provision wurde erst später und aufgeteilt auf fünf Scheinrechnungen, in denen das Wort Buwog nicht vorkam, gezahlt. Die Zahlungen liefen von der CPB Corporate Finance an Hocheggers Astropolis auf Zypern. Auf Wunsch von Hochegger sei nach Zypern gezahlt worden, viele Firmen hätten dort ihre Konstruktionen, meinte Petrikovics.

Hochegger und Walter Meischberger haben die fast 10 Mio. Euro nicht versteuert und beim Aufkommen der Buwog-Affäre Selbstanzeige bei der Finanz erstattet. Meischbergers 80-Prozent-Anteil ging über eine US-Firma nach Liechtenstein und wurde auf drei Konten aufgeteilt. Die Ermittler verdächtigen Grasser und Ex-Buwog-Aufsichtsratspräsident Ernst Karl Plech, dass ihnen zwei Konten zuzurechnen seien, diese weisen das zurück.

Die Immofinanz habe den Anteil der RLB OÖ an der Hochegger-Provision übernommen, im Gegenzug für eine Vereinbarung beim Kauf der Villacher Wohnbaugesellschaft ESG. Auf Wunsch von Starzer sei eine "Gegenrechnung" vereinbart worden, führte Petrikovics heute aus: Die Immofinanz kaufte der RLB-OÖ deren 45-Prozent-ESG-Anteil zum ursprünglichen Kaufpreis und nicht zum - rund ein Jahr nach dem Erwerb - mittlerweile deutlich höheren Wert ab. Im Gegenzug übernahm die Immofinanz auch den RLB-Anteil des Hochegger-Honorars. Dies sei eine mündliche Vereinbarung zwischen ihm und RLB OÖ-Vorstand Starzer gewesen. Warum Starzer bei seiner Einvernahme dies bestreite, könne er sich nicht erkläre, so Petrikovics.

Mit den anderen Konsortiumsmitgliedern habe er darüber nicht gesprochen, die Kommunikation sei über den Konsortialführer RLB OÖ gelaufen, schilderte Petrikovics in der Befragung. Er selber habe an einigen Treffen des Konsortiums teilgenommen, erinnern könne er sich aber nicht mehr an die Themen. Das Ganze sei schließlich acht Jahre her. Grundsätzlich sei die Bildung eines Konsortiums die Idee der RLB OÖ gewesen. Auf deren Initiative hin sei im zweiten Halbjahr 2003 das Konsortium gebildet worden. "Für uns war immer nur die Buwog von Interesse", betonte Petrikovics. Verkauft wurden im Jahr 2004 im Paket die vier Bundeswohnungsgesellschaften Buwog, WAG, ESG und EBS. Die Immofinanz hatte beim Kauf noch kein Interesse an der ESG, sondern nur an der Buwog, so Petrikovics. "Die ESG hat sich im Verkaufsprozess am schlechtesten präsentiert." Als man später mehr Einblick in die Gesellschaft hatte, habe sich die ESG dann besser präsentiert.

Der Erwerb der Buwog sei für die Immofinanz ein sehr gutes Geschäft gewesen, betonte Petrikovics. Der größte Geschäftsfall in der Immofinanz-Geschichte habe dem Unternehmen einen Vermögenseffekt von deutlich mehr als einer Milliarde Euro gebracht. Der Buwog-Quadratmeter werde von der Immofinanz momentan "betont vorsichtig" mit 1.000 Euro bewertet, bei verkauften Wohnungen wurden sogar durchschnittlich 1.738 Euro je Quadratmeter erzielt. Der Einkaufspreis lag bei 500 Euro je m2. "Aus Sicht der Immofinanz also ein großer Erfolg", freute sich Petrikovics.

Petrikovics ist selber in der Causa Immofinanz/Constantia im Zusammenhang mit Aktienoptionsgeschäften u. a. wegen Untreue angeklagt, er hat dagegen Einspruch erhoben. Die Buwog-Provision wurde 2009 im Zuge der Immofinanz-Ermittlungen gefunden, was den ganzen Fall erst ins Rollen brachte.