Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) wird prüfen, ob es rechtens ist, wenn das Geschlecht zwingend als weiblich oder männlich anzugeben ist - oder es ein Recht auf ein "drittes Geschlecht" geben müsste. Anlass ist die Beschwerde einer Person, die erfolglos versuchte, ihren Geschlechtseintrag im Zentralen Personenstandsregister (ZPR) auf "inter" oder eine andere ähnliche Formulierung abändern zu lassen.

Der Verfassungsgerichtshof äußert in seinem Prüfungsbeschluss vom 14. März Bedenken, dass es gegen den grundrechtlichen Schutz der Privatsphäre (Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention) verstoßen könnte, wenn es nur die Möglichkeit gibt, das Geschlecht weiblich oder männlich anzugeben. Eine Entscheidung des Gerichtshofes über diese Frage sei "in einer der nächsten Sessionen" zu erwarten, hieß es seitens des VfGH in einer Aussendung vom Montag.

Weiblich, männlich oder doch inter?

Konkret geht es um das Personenstandsgesetz (PStG), nach dem das Geschlecht bei der Eintragung von Geburt, Eheschließung, Begründung einer eingetragenen Partnerschaft und Tod in das Zentrale Personenstandsregister einzutragen ist. Zwar werden die Kategorien für diese Eintragung nicht vorgegeben. Der VfGH geht in seinem Prüfungsbeschluss jedoch davon aus, "dass die Regelungen des PStG 2013 vor dem Hintergrund der in der Rechtsordnung (auch) sonst vorherrschenden Kategorisierung des 'Geschlechts' in 'weiblich' und 'männlich' und einer sozialen Realität zu sehen sind, die Menschen (unter anderem) auch wesentlich mit ihrem Geschlecht wahrnimmt und dabei (immer noch) überwiegend von einer binären Zuordnung in Menschen männlichen oder weiblichen Geschlechts ausgehen dürfte".

Der VfGH verweist in seiner Aussendung darauf, dass die Geschlechtsmerkmale eines Menschen durch eine "atypische Entwicklung des chromosomalen, anatomischen oder hormonellen Geschlechts" gekennzeichnet sein können, "sodass die Geschlechtsentwicklung mancher Personen Varianten aufweist, die die Einordnung als männlich oder weiblich nicht eindeutig zulassen". Solche Menschen dürften zudem eine besonders verwundbare ("vulnerable") Gruppe darstellen, so der VfGH - vor allem dann, wenn es sich um Kinder handelt.

Der VfGH verweist auf Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - "und damit das Recht auf individuelle Geschlechtsidentität" - festschreibt. Dies Bestimmung dürfte "hinreichend flexible Regelungen erfordern, die bei der Angabe des Geschlechts auch Varianten der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich anerkennen", so der VfGH. "Es sollte insbesondere möglich sein, eine geschlechtliche Zuordnung solange offen zu lassen, bis betroffenen Menschen eine selbstbestimmte Zuordnung möglich ist."