Der Anlassfall war vergleichsweise unspektakulär und liegt bereits mehr als drei Jahre zurück. Damals hatte das Ökobüro als Dachverband österreichischer Umweltorganisationen einen Antrag eingebracht, wonach Salzburg wirksame Maßnahmen gegen die Stickoxidbelastung in der Luft ergreifen solle. Der Fall wanderte durch die Instanzen und endete nun vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGh) – mit einem Urteil, das in seiner Konsequenz weit über den ursprünglichen Beschwerdegrund hinausgeht: Umweltorganisationen dürfen in Österreich demnach jederzeit rechtlich gegen Vorschriften, Bescheide und Verordnungen mit Umweltbezug vorgehen.

Begründet wird das Urteil mit der 2005 ratifizierten Aarhus-Konvention der Europäischen Union. Diese garantiert der Öffentlichkeit (und damit auch Umweltorganisationen) weitreichende Beteiligungs- und Beschwerdemöglichkeiten in Sachen Umweltrecht. Die Konvention wurde von Österreich damals zwar mitbeschlossen, allerdings nur teilweise in nationales Recht übersetzt. Ein viel kritisiertes Versäumnis, das die Republik nun über den Gerichtsweg eingeholt hat.

Kein Zweifel mehr offen

Bereits im Dezember hatte der Europäische Gerichtshof festgehalten, dass Umweltorganisationen auch außerhalb großer UVP-Verfahren in Genehmigungsprozesse eingebunden werden müssen. Das jetzige VwGh-Urteil baue auf diesen Entscheid auf und lasse keinerlei Zweifel mehr offen, sagt Daniel Ennöckl vom Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien: „Das bedeutet, dass Umweltorganisationen ab sofort rechtlich gegen Bescheide vorgehen können, und zwar im gesamten Umweltrecht. Das reicht von einem genehmigten Kraftwerk bis hin zu Abschussplänen bei den Fischottern.“ Angesichts der Regierungspläne, den Einfluss von NGOs eher zurückzudrängen, ist das starker Tobak.

Entsprechend groß ist der Jubel bei WWF, Greenpeace und Global 2000. Von der Regierung verlangt Ökobüro-Geschäftsführer Thomas Alge nun, die neue Situation rasch mit einem entsprechenden Rechtsrahmen zu versehen. Eine Forderung, die laut Rechtsexperte Ennöckl auch im höchsten Interesse der Unternehmen wäre: „Sie brauchen jetzt dringend Rechtssicherheit.“

Im Umweltministerium erklärt man, an der Causa ohnedies bereits zu arbeiten. Länder, Gemeinden und NGOs würden die die Umsetzung eingebunden.