Wegen versuchten Mordes muss sich am Dienstag eine 16-jährige Schülerin am Landesgericht für Strafsachen verantworten. Sie soll am 5. April 2017 im Josef-Strauß-Park in Wien-Neubau in Tötungsabsicht mehrfach mit einem Küchenmesser auf eine Studentin eingestochen haben, die auf einer Bank lag und die Frühlingssonne genoss.

"Absurde" Argumentation

Die 16-Jährige - eine gebürtige Tschetschenin, die mit ihrer Familie im Alter von vier Jahren nach Österreich gekommen war - behauptet, sie wäre von der Studentin aufgrund ihres Kopftuchs als Muslima erkannt und beschimpft worden. Für die Staatsanwaltschaft handelt es sich dabei um eine Schutzbehauptung. Das Opfer ist nicht fremdenfeindlich eingestellt und hat an der Universität sogar eine längere Arbeit zum Thema "Migration und Freiraumgestaltung" verfasst. Außerdem telefonierte die Studentin nachweislich mit einer Freundin, während sie angegriffen wurde. Die Staatsanwaltschaft hält daher die Angaben der 16-Jährigen, sie wäre abschätzig als "Scheißmuslima" bezeichnet worden, für "absurd", wie es in der Anklageschrift heißt.

Aus welchen sonstigen Gründen die 16-Jährige der jungen Frau mehrfach in den Oberkörper gestochen haben könnte, hat sich im Ermittlungsverfahren nicht klären lassen. Einem psychiatrischen Gutachten zufolge weist das Mädchen zwar eine schwere emotionale Störung auf, war aber im Tatzeitpunkt zurechnungs- und damit schuldfähig.

"Werde etwas Verrücktes tun"

Die Schülerin dürfte unter der Scheidung ihrer Eltern gelitten haben. Mit ihrer sehr gläubigen und strengen Mutter gab es Schwierigkeiten, so dass sie eine Zeit lang bei ihrem Vater lebte. Die Mutter hielt ihr das als Verrat vor. Zuletzt wandte sich die 16-Jährige verstärkt dem Islam zu. Sie entschied sich bewusst, das Kopftuch zu tragen, und verrichtete fünf Mal täglich ihre Gebete.

Einen Tag vor dem Messerangriff, bei dem die Studentin schwer verletzt wurde, kündigte die 16-Jährige in ihrer Schule an, sie werde "etwas Verrücktes tun". Als eine Schulkameradin wissen wollte, was sie vor habe, soll die 16-Jährige nur gelächelt haben. Wie sich im Zuge der Ermittlungen herausstellte, recherchierte die Angeklagte wenige Stunden vor der Tat im Internet zu Jugendstrafrecht und Jugendgerichtsbarkeit.