Es sind Elementarereignisse wie das Sturmunglück in der Nacht auf Samstag im beschaulichen "Saiga Hans", wie die Einwohner ihren Ort St. Johann am Walde (Bezirk Braunau) liebevoll nennen, die eine neue Zeitrechnung wie von selbst entstehen lassen. Es sind auch die Momente in so einem 2000-Seelen-Dorf, wo jeder Bewohner genau gewusst haben wird, wo er zu diesem Zeitpunkt gewesen ist.

"Es ist so furchtbar, alle freuten sich immer auf das Frauscherecker Feuerwehrfest", meinte eine ältere Dame, als sie Sonntagvormittag nach dem Gottesdienst zu ihrem Auto geht. Alle jüngeren Leute im Ort hatten sich den Tag im Kalender immer rot angestrichen. Die Vergangenheitsform ihrer Erklärungen lässt erahnen: Nicht nur ein Fest, ein ganzer Ort hat mit dem Sturm-Unglück seine Unschuld verloren. In einer urigen Innviertler Einschicht ohne Unterhaltungsprogramm urbaner Maßstäbe waren Festivals wie diese Pflichttermin der ländlichen Society. Nun muss jeder mit den Bildern des Schreckens dieses Festes klar kommen, das nächstes Jahr sein 40-jähriges Bestandsjubiläum feiern würde.

Es sind Bilder wie diese, die so gar nicht auf die Worte "Feuerwehr" und "Fest" passen wollen: "Ich war am Klo und wie ich aus der Kabine komme, ist das Zelt weg", erzählt die 20-jährige Sabine. "Ich hab einen rausgezogen, der voller Blut war", berichtet ein 42-jähriger Augenzeuge, der als Feuerwehrmann im Einsatz war. Völlig weiß war der junge Bursch im Gesicht. Auf die Frage des Ersthelfers, wo es weh tue, fragte dieser nur nach seinem Handy. "Es war so unwirklich, wie in einem Horrorfilm."

Szenen des Schreckens erlebte auch ein anderer Kamerad: Während er sich um die Evakuierung kümmerte, kam sein Schwiegersohn angerannt: "Deine Tochter ist abgängig". Noch während er dies erzählt, rinnen ihm die Tränen übers Gesicht. "Aber ich hab meine Aufgaben ja abarbeiten müssen." Erst später - viel später - lief man sich in dem Chaos über den Weg. Sie erlitt nur leichte Blessuren. In der Nähe der Frau, wie sich später herausstellte, war eine 19-Jährige von einem Gerüstteil erschlagen worden. Über den schwer verletzten Sohn seines Nachbarn habe er gerade erfahren, dass dieser möglicherweise eine Querschnittslähmung erlitten hat.

Mit Tränen in den Augen erzählt auch Anton, ein 65-jähriger Landwirt, dass er in dem Horror unfassbares Glück erleben durfte: Sieben Kinder und Enkelkinder hatte er selbst mit dem Auto zum Fest chauffiert. "Sie sind alle heil rausgekommen." Seine Frau zündete bereits eine Kerze als Dank in der Kirche an. "Vielleicht bau ich ein Marterl."