Mehr als 400.000 Patienten sollen an unwissentlich an Medikamentenstudien teilgenommen haben. Zwar dürfte es sich dabei um bereits zugelassene Präparate gehandelt haben, doch eine Information, dass zusätzliche Daten erhoben wurden, wurde nicht gegeben.

Experten fordern mehr Transparenz bei Anwendungsstudien, mit denen Pharmafirmen schon zugelassene Medikamente noch einmal testen lassen. Diese dienen nur dazu, den Verkauf der Arzneimittel anzukurbeln und hätten kaum wissenschaftlichen Wert, lautet die Kritik. Zudem wissen die Patienten oft nicht, dass ihre Daten weitergegeben werden, berichtete das Ö1-Morgenjournal am Montag.

Registrierungs-Pflicht

In den vergangenen sechs Jahren nahmen in Österreich mehr als 400.000 Patienten an den Pharmastudien teil. Seit 2012 müssen diese bei der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) registriert werden. Die teilnehmenden Ärzte sowie deren Honorarhöhen werden jedoch nicht veröffentlicht, kritisierte Claudia Wild vom Ludwig Boltzmann Institut für Health Technology Assessment. "Diese Anwendungsstudien sind zum Großteil ein Marketinginstrument der Industrie", sagte Gerald Gartlehner vom Institut Cochrane, einem unabhängigen Netzwerk von Wissenschaftern.

Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber könnte sich vorstellen, dass in Zukunft mehr Daten zu den Studien veröffentlicht werden. Das sei aber eine Entscheidung der Behörde und der Politik. "Ich denke, es würde Sinn machen, die Daten zu veröffentlichen, die bisher nicht öffentlich waren", sagte auch Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres. Vonseiten der AGES hieß es, dass durch die Meldepflicht verkaufsfördernde Maßnahmen bereits vermieden werden konnten und bisher niemand "konkrete Unanständigkeiten" angezeigt habe.

Rendi-Wagner nimmt Thema ins Visier

Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) will das Thema Medikamentenstudien nun angehen. Sie werde sich dazu mit allen Beteiligten zusammensetzen, kündigte sie in einer Stellungnahme an. "Es freut mich sehr, dass es jetzt auch positive Signale aus der Ärztekammer und der Pharmaindustrie gibt, das war vorher nicht der Fall", sagte die Ressortchefin.

Laut Pamela Rendi-Wagner habe bereits vor einigen Jahren eine neue Verordnung festgeschrieben, dass Patienten über die Teilnahme an solchen Studien informiert werden müssen. "Allerdings bleibt es bisher ohne Konsequenzen, wenn das nicht passiert. Mir ist es wichtig, dass es hier Verbesserungen gibt", sagte die Gesundheitsministerin.

Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber sagte in einer Aussendung, dass er davon ausgehe, dass Ärzte sehr wohl ihre Patienten darüber aufklären, wenn sie Teil dieser Studien sind und sie nicht ohne die Einwilligung der Betroffenen durchführen. Die Durchführung der Studien sei behördlich geregelt und die Ärzte bekämen ein dem Mehraufwand angemessenes Honorar dafür. Im Ö1-Morgenjournal hatte er gesagt, er könne sich durchaus vorstellen, dass in Zukunft mehr Daten zu den Studien veröffentlicht würden. Das sei aber eine Entscheidung der Behörde und der Politik.