Nach einem Raubüberfall, bei der im Sommer des Vorjahres eine 78-Jährige und ein Mitbewohner gefesselt und ausgeraubt wurden, hat sich am Dienstag in Linz ein 19-Jähriger vor Gericht verantworten müssen. Er ist im Gegensatz zu seinen fünf mutmaßlichen Komplizen, gegen die gesondert verhandelt wird, geständig - auch wenn er sich in seinen Aussagen häufig widersprach.

Ein 49-jähriger Mazedonier, der für die Frau gelegentlich Gartenarbeiten erledigte und fälschlicherweise dachte, sie habe sehr viel Geld im Haus, soll den Coup mit einem Bekannten, einem in Graz lebenden Rumänen, ausgeheckt haben. Dieser holte vier Landsleute mit an Bord, die die eigentliche Tat ausgeführt haben sollen, unter ihnen der 19-Jährige.

Maskiert und bewaffnet

In der Nacht auf den 14. August des Vorjahres drangen drei maskierte Männer - laut Anklage bewaffnet mit Messer und Schraubenzieher - in die Wohnung der Pensionistin in Leonding bei Linz ein, fesselten sie und einen bei ihr lebenden mongolischen Asylwerber und raubten 3.200 Euro sowie zwei Ringe und ein Handy, das die Ermittler letztlich auf die Spur der Verdächtigen brachte. Ein vierter Mann wartete währenddessen im Fluchtauto.

Staatsanwalt Herbert Wolfmayr sprach eingangs von "absoluter Schwerkriminalität". Er verwies darauf, dass die Pensionistin so an den Lattenrost eines Bettes gefesselt worden war, dass sich die Schnüre bei Bewegungen enger zogen. Selbst der Verteidiger räumte ein, dass die Vorgehensweise seines Mandanten "nicht mehr der Leichtkriminalität zuzuordnen ist". Der 19-Jährige werde sich voll geständig zeigen. Der Rumäne, dem als jungen Erwachsenen bis zu 15 Jahre Haft drohen, betonte in der Beschuldigteneinvernahme mehrmals, er wolle die Wahrheit sagen, um eine geringere Strafe zu bekommen.

Gefesselt und geschlagen

Der Angeklagte gestand, Teil des Trios gewesen zu sein, das in die Wohnung eindrang. Er habe der schlafenden Frau einen Polster ins Gesicht gedrückt, sie gefesselt und geschlagen und ihr den Ehering vom Finger gezogen. Er gab im Gegensatz zu seinen mutmaßlichen Komplizen auch zu, dass von Anfang an eine Home-Invasion geplant gewesen sei. Die bisher in ihrem Prozess vernommenen Angeklagten hatten behauptet, sie hätten gedacht, die Frau sei auf Urlaub, und nur einen Einbruch begehen wollen. Sie werden nun aber durch seine Aussagen belastet.

Trotz seines Geständnisses verwickelte sich der in Frankreich vorbestrafte 19-Jährige am Dienstag immer wieder in Widersprüche - vor allem auch gegenüber früheren Aussagen im Ermittlungsverfahren, die teils nur mäßig relevante Details betrafen. Er habe bei der Polizei gelogen, weil er gefürchtet habe, dass er geschlagen werde, sagte er am Dienstag als Begründung. Auch bei der Haft- und Rechtsschutzrichterin - bei dem Termin waren noch eine Schriftführerin und eine Übersetzerin anwesend - habe er Angst gehabt und deshalb nicht die Wahrheit gesagt, meinte der kräftig wirkende junge Mann. Die Frage vom vorsitzenden Richter Walter Eichinger "Was war so furchteinflößend an den drei Frauen?" ließ sich nicht klären.

Opfer als Zeugen

"Ich habe gewusst, wenn mein Gast sich nicht befreien kann, müssen wir beide sterben" - so schilderte die 78-jährige Pensionistin ihre Situation in der Tatnacht. Denn es seien alle Fenster geschlossen und vier Zimmer Abstand zu den Nachbarn gewesen. "Da hätte ich schreien können, wie ich wollen hätte. Da hätte ich eine Hirschstimme gebraucht zum Röhren, es hätte niemand gehört."

Sie schilderte, sie habe zuerst gedacht, sie habe einen Traum. Dann habe sie gespürt, dass sie gefesselt und ihr ein Polster ins Gesicht gedrückt wurde und sie habe Schläge auf den Kopf bekommen. Sie habe den Männern auf deren Forderung "Money, money" 3.200 Euro gegeben und einer habe ihr einen Ring vom Finger gezogen.

Der mongolische Asylwerber, der bei ihr wohnte, sei gefesselt in die Badewanne gelegt und sie selbst an den Lattenrost des Bettes gebunden worden, so die Frau. Als sie sich bewegt habe, sei sie noch fester gefesselt worden, teils sei das Seil auch über den Hals verlaufen. Dass sie noch lebe, verdanke sie dem Umstand, dass sich der Mongole selbst befreien und ihr helfen konnte.

Die Frau, die den Vorfall nach eigenen Angaben überraschend gut verarbeitet hat, schilderte ruhig und gefasst die Geschehnisse der Nacht. Sie äußerte sogar den Wunsch, einen der mutmaßlichen Komplizen des 19-Jährigen im Gefängnis zu besuchen - jenen Gelegenheitsarbeiter, der ihr immer wieder geholfen hatte und der den Coup eingefädelt haben soll. Sie wolle wissen, was in diesem Menschen vorgehe, "ich war wie eine Mutter zu ihm", so die Pensionistin, der eine ausgeprägte soziale Ader nachgesagt wird.

Asylwerber als Zeuge

Der mongolische Asylwerber schilderte, er habe in seinem Zimmer geschlafen und plötzlich etwas gehört. Er sei aufgestanden und habe maskierte Männer gesehen. Einer habe einen Metallgegenstand in der Hand gehabt. Dass es ein Messer gewesen sei und ihm dieses vor die Brust gehalten worden sei, wie er bei der Polizei zu Protokoll gegeben hatte, konnte er heute nicht mehr bestätigen. Er begründete die Diskrepanz mit seiner Angst, die er damals gehabt habe, und mit Sprachproblemen.

Auch ihm wurde ein Ring abgenommen und er sei gefesselt in die Badewanne gelegt worden. Wie seine ehemalige Quartiergeberin glaubte auch er, dass er sterben müsse. Aber dann sei es einige Zeit still gewesen "und ich dachte: 'Vielleicht werde ich doch nicht umgebracht.'" Er habe dann eine halbe Stunde lang gebraucht, bis es ihm gelungen sei, sich zu befreien. Dann habe er die Pensionistin losgebunden, schilderte der Asylwerber.

Im Anschluss an die Zeugeneinvernahmen standen die Schlussplädoyers am Programm. Vorher übergab die Mutter des Angeklagten, die im Publikum saß, noch 950 Euro als teilweise Schadensgutmachung an die Pensionistin und versprach, auch den Rest noch zu bezahlen - mehr gebe der Bankomat aber nicht auf einmal her, beteuerte sie. Auch der Angeklagte schluchzte ein "Entschuldigung". Er werde so etwas nie wieder tun und die Tat sein ganzes Leben bereuen, sagte er - aber er bestritt bis zuletzt, dass er die Frau derart perfide gefesselt habe, dass sie zu ersticken drohte.

Das Urteil fiel noch am Dienstagnachmittag: Der 19-Jährige wurde, nicht rechtkräftig, zu fünf Jahren Haft verurteilt. Gegen fünf mutmaßliche Komplizen wird gesondert verhandelt.