Wegen Mordes hat sich ein 48 Jahre alter Wiener am Donnerstag vor einem Schwurgericht verantworten müssen. Der Mann hatte am 26. September 2016 in seiner Wohnung im Anton-Hölzl-Hof in Favoriten seine langjährige Lebensgefährtin getötet, nachdem diese sich zwei Wochen zuvor endgültig von ihm getrennt hatte. Der Angeklagte war grundsätzlich geständig: "Da bin ich auszuckt".

Der Wiener wurde in den Abendstunden  zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Geschworenen entschieden mit 6:2 Stimmen im Sinn der Anklage. Bei der Strafbemessung wurden die bisherige Unbescholtenheit des Mannes und dessen Beitrag zur Wahrheitsfindung mildernd berücksichtigt. Erschwerend war allerdings die besonders brutale Vorgangsweise. "Es war auf gut Deutsch ein Blutbad, das Sie angerichtet haben. Ihr Vorsatz war auf die unbedingte Tötung ausgerichtet. Dafür kann es nur die Höchststrafe geben", stellte der vorsitzende Richter Georg Olschak in der Urteilsbegründung klar. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Dramatische Trennung

13 Jahre waren die beiden ein Paar, ehe die 53-Jährige Schluss machte. Ihr dürften die ständigen Depressionen des Mannes - dieser war in verschiedenen Heimen aufgewachsen, wo er als Kind misshandelt und später von einem Betreuer sexuell missbraucht wurde - zu viel geworden sein. "Ich spüre keine Liebe mehr", hielt sie in einem handschriftlichen Trennungsbrief fest.

Der Mann versuchte, sich damit abzufinden. "Nach einiger Zeit bin ich drauf gekommen, dass sie doch die Richtige für mich ist. Ich wollte sie zurückgewinnen", verriet er dem Gericht. "Sie war die Liebe seines Lebens", wusste Verteidigerin Astrid Wagner. Bei der Frau habe es sich um "eine überzeugte Buddhistin und Veganerin gehandelt, die ihm Herzensliebe gegeben hat, nach der er gedürstet hat", so Wagner.

Letztes Treffen

Ein letztes Treffen, das eigentlich der Rückgabe persönlicher Gegenstände dienen sollte, verlief der Darstellung des Angeklagten zufolge zunächst vielversprechend. "Die Tür ist noch nicht ganz zu", soll ihm seine Ex-Partnerin wieder Hoffnung gemacht haben. Drei Monate ohne Sex und eine Paartherapie habe sie verlangt, behauptete der Angeklagte. Als die Frau kurz auf die Toilette ging, habe er allerdings in ihrem Handy gestöbert und dort folgende, an einen anderen Mann gerichtete Textnachricht gefunden: "Komm das nächste Mal nicht zu spät."

"In meinem Zustand hab' ich geglaubt, sie hat schon wen anderen", berichtete der Angeklagte. Als er die Frau mit der verdächtigen Nachricht konfrontierte, hätte ihm diese "Nähe und Zärtlichkeit habe ich mir woanders gesucht" zur Antwort gegeben. Da habe er Rot gesehen, ein Verlängerungskabel um ihren Hals gelegt und die 53-Jährige stranguliert. Danach holte er aus der Küchenzeile zwei Messer mit einer Klingenlänge von 17 bzw. 20 Zentimeter und versetzte dem zu diesem Zeitpunkt vermutlich bewusstlosen, aber noch lebenden Opfer 15 Stich- und Schnittwunden im Brust- und Halsbereich.

Lebenslange Haft für Mord an Ex-Freundin

"Ich bin ein Laie, aber sie hat tot ausg'schaut", erinnerte sich der Angeklagte, der sodann die Wohnung in angeblich selbstmörderischer Absicht verlassen hatte. Seinen Angaben gemäß wollte er sich im Schönbrunner Schlosspark erhängen, was ihm nicht gelang, da er stark betrunken war und unter dem Einfluss eines Medikamentencocktails stand. Schließlich verlor der 48-Jährige das Bewusstsein. Er wurde in einem Innenhof eines Gemeindebaus in Meidling aufgefunden und ins Spital gebracht. Seine Mutter entdeckte am nächsten Morgen in seiner Wohnung die Leiche der 53-Jährigen.

Suchabfragen bei Google

Die Schilderungen des Angeklagten bekamen im Verlauf des Beweisverfahrens Risse. Richter Georg Olschak konfrontierte den 48-Jährigen zunächst mit der Auswertung seiner Suchabfragen bei Google. Neben "Wie gewinne ich meine Ex zurück?" hatte der Mann unter anderem folgende Suchbegriffe eingegeben: "Kehlkopfschnitt", "Luftröhrenschnitt" oder "Wie man jemanden zum Schweigen bringt". Das hätte sich auf Suizidarten und nicht auf seine Ex-Freundin bezogen, stellte der Angeklagte klar: "Ich war auf Selbstmord-Foren."

Die Auswertung des Handys der Getöteten lieferte weder eine SMS noch eine WhatsApp-Nachricht zutage, die an einen unbekannten Mann gerichtet war und den vom Angeklagten behaupteten Inhalt hatte. Dafür zeigte sich, dass der Angeklagte vor der inkriminierten Bluttat auf Dating-Plattformen nach anderen Frauen gesucht, eine gewisse Anja kennengelernt und auch getroffen hatte. Mit dieser habe er "einen leiwanden Abend g'habt", räumte der 48-Jährige ein. Er habe "wen zum Reden braucht. Ich wollt' mit jemandem Normalem reden."

Kinder der Toten sagten aus

Der Sohn und die Tochter der Getöteten gaben sich im Zeugenstand überzeugt, dass die Beziehung ihrer Mutter zum Angeklagten endgültig beendet war. Die Kinder stammten aus einer vorangegangenen Beziehung der ums Leben gebrachten Frau.

Seine Mutter hätte mit dem Angeklagten "mehrere Krisen" durchgemacht, gab der 28 Jahre alte Sohn zu Protokoll. Er beschrieb sie als "eine gutmütige, sehr naive Frau, die jedem eine zweite oder dritte Chance gegeben hat". Seiner Mutter sei ein Helfer-Syndrom eigen gewesen: "Mein Vater war auch nicht grad der stabilste Mensch."

Bereits am 12. September - und damit 14 Tage vor der inkriminierten Tat - hatte die 53-Jährige ihrem Sohn per SMS bekräftigt: "Haben uns endgültig getrennt." Für den Sohn war klar, dass seine Mutter zu keinem Rückzieher bereit gewesen wäre: "Sie wollte einen Neubeginn. Sie wollte neu durchstarten."

"Sie wollte sich frei fühlen", pflichtete anschließend die 23-jährige Tochter bei. Die Trennung sei ihrer Mutter nicht leicht gefallen: "Sie hat sich lange darauf vorbereitet. Sie war sich zu 100 Prozent sicher. Sie wollte nicht mehr in die Beziehung zurück gehen."