Zwei 19 Jahre alte Burschen, die in der Nacht auf den 17. Februar 2017 in einer S-Bahn-Garnitur in Wien-Brigittenau grundlos einen Obdachlosen malträtiert hatten, haben sich am Mittwoch im Landesgericht für Strafsachen schuldig bekannt.

Er sei aus Frust und einer alkohol- und cannabisbedingten Enthemmung auf den Obdachlosen losgegangen, berichtete der Hauptangeklagte in seiner Einvernahme. Der aus dem Schlaf gerüttelte Mann hätte "eine Bewegung gemacht, die ich damals als provozierend empfunden habe", sagte der 19-Jährige. Darauf habe er "zwei Mal zugeschlagen mit der Faust".

Gefrustet war der 19-Jährige - er hatte das Gymnasium in der sechsten Klasse abgebrochen -, weil er aufgrund einer Handverletzung, die ihm einen Gips einbrachte, einen Barkeeper-Kurs nicht abschließen konnte. "Den kann man ja nachmachen. Was wäre so schlimm daran gewesen?", fragte ein Schöffe nach. Es sei einfach schon zu viel in seinem Leben schief gelaufen, erwiderte der 19-Jährige sinngemäß.

Auf die Frage, weshalb er dem 55-Jährigen auf den Bahnsteig gefolgt sei und diesen dort dann regelrecht zusammengetreten hätte, meinte der Bursch, der Mann habe beim Verlassen der S-Bahn etwas gesagt. Er hätte ein "Hurensohn" gehört und das auf sich bezogen: "Das hat mich derart wütend gemacht, dass ich ihm nachgelaufen bin."

100 Euro für Schaden

Nach der zeugenschaftlichen Einvernahme des verprügelten Obdachlosen entschuldigte sich der 19-Jährige bei diesem: "Es tut mir leid, was ich Ihnen angetan habe. Ich kann es leider nicht ändern." Sein Verteidiger Philipp Winkler legte dem 55-Jährigen zwei 50-Euro-Scheine als vorläufige Schadensgutmachung hin, die er zuvor von im Zuschauerraum sitzenden Freunden des Angeklagten eingesammelt hatte. Der Obdachlose würdigte das Geld keines Blickes und verließ den Gerichtssaal mit den Worten "Das nehme ich ganz sicher nicht!"

Ein dritter, zur Anklage gebrachter Bursch behauptete, er hätte sich nicht aktiv an den Gewalttätigkeiten beteiligt und sei bloß dabei gestanden. "Ich hab' gar nix gemacht. Ich hab' nicht hingeschlagen", versicherte der 18-Jährige. Diese Darstellung wurde vom Opfer - einem 55 Jahre alten Mann, der seit längerem auf der Straße lebt - und einem Augenzeugen gestützt.

Der 55-Jährige hatte  einen offenen Nasenbeinbruch, Hämatome, Prellungen und eine Rissquetschwunde erlitten. "Er hatte wahnsinnig viel Glück, dass nicht weit mehr passiert ist", hielt Staatsanwältin Katharina Wehle fest.

Milde Urteile gefallen

Die beiden 19-Jährigen kamen mit einem blauen Auge davon.

Sie wurden am Mittwoch im Landesgericht für Strafsachen bei einer Strafdrohung von bis zu zehn Jahren wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung zu 24 bzw. 21 Monaten teilbedingt verurteilt.

Der Haupttäter bekam zwei Jahre, davon acht Monate unbedingt. Der Rest wurde ihm unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Eine offene bedingte Vorverurteilung - vier Monate wegen vierfacher Körperverletzung - wurde widerrufen, so dass der 19-Jährige insgesamt zwölf Monate verbüßen muss. Der zweite 19-Jährige bekam 21 Monate, davon sieben Monate unbedingt. Er wurde zusätzlich zur Prügel-Attacke auf den 55 Jahre alten Obdachlosen für eine Körperverletzung vor einer Diskothek in der Donaustadt schuldig gesprochen, wo er am 8. Jänner 2017 einem Burschen einen Oberkieferbruch sowie eine Fraktur der linken Augenhöhle zugefügt hatte.

Beiden 19-Jährigen erteilte der Schöffensenat (Vorsitz: Martina Frank) die Weisung, sich einem Antigewalt-Training zu unterziehen. Ein dritter zur Anklage gebrachter Bursch wurde wegen schwerer Körperverletzung zu zehn Monaten bedingt verurteilt. Bei ihm ging das Gericht davon aus, dass er dem Obdachlosen einen Faustschlag verpasst hatte.