Es kommt nicht oft vor, dass sich ein Schöffensenat (Vorsitz: Doris Reifenauer) im Wiener Landesgericht nach der Beschuldigteneinvernahme etwas ratlos zeigt. Am Freitag war es aber der Fall: Angeklagt war ein 30-jähriger Kirgise, der dem Versuch unternommen haben soll, von einem Lokalbesitzer am Alsergrund Schutzgeld zu erpressen. Seine Verantwortung war alles andere als klar zu interpretieren.

Fotos von Kindern am Handy

Der Angeklagte arbeitete laut Staatsanwaltschaft als Koch in dem Lokal, bis man sich trennte. Der Restaurantbesitzer schuldete seinem ehemaligen Angestellten jedenfalls kein Geld mehr. Dennoch tauchte der frühere Mitarbeiter laut Anklage Mitte Februar in dem Betrieb auf und sagte zu dem Besitzer, er repräsentiere jetzt eine russische Organisation und das Restaurant gehöre nun ihm. Außerdem soll er bemerkt haben: "Schönes Lokal, aber wenn Feuer, schade!" Er wisse, wo das Opfer wohne. Außerdem soll er dem Gastronom Fotos von dessen Kindern auf seinem Handy gezeigt haben.

Fünf Tage später tauchte er laut Anklage erneut auf und fragte ihn, ob er sich das letzte Mal nicht klar genug ausgedrückt habe und ob der Restaurantbesitzer nicht leben wolle. Es sei das letzte Mal, dass er "nur rede".

300 Euro gefordert

Seltsam an der mutmaßlichen Schutzgelderpressung war jedenfalls, dass der 30-Jährige nur einmal 300 Euro gefordert haben will. Insgesamt wurde seine Verantwortung als wirr bewertet. Nicht zuletzt deshalb kündigte Reifenauer an, den Prozess auf jeden Fall zur Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zu vertagen.