Niederösterreich erlaubt die Tötung von Fischottern. 40 Tiere der geschützten Art dürfen bis Sommer 2018 "entnommen" werden, als Grund gibt das Land einen Rückgang des Fischbestandes an. "Es geht um die Herstellung des ökologischen, natürlichen Gleichgewichts", erklärte Landesrat Stephan Pernkopf (ÖVP) am Freitag vor Journalisten. Der WWF sprach sich in einer Aussendung gegen die Tötung von Fischottern aus.

"Die Fischotter-Population hat sich in den vergangenen Jahren in Niederösterreich sehr gut entwickelt", erläuterte Martin Tschulik, Leiter der Abteilung Naturschutz des Landes. Derzeit liege der Bestand im Bundesland bei 600 bis 800 Individuen. Die wachsende Anzahl der Fischotter wirke sich negativ auf den Bestand von Tieren wie Bachforelle und Waldviertler Karpfen aus. "Artenschutz gilt nicht nur für eine Tierart", betonte Pernkopf in St. Pölten. Es gehe auch um den Schutz von anderen geschützten Arten.

Das Töten heißt "Entnehmen"

Landesfischereiverband und Teichwirteverband hatten eine Tötung von bis zu 84 Fischottern gefordert. Nach einer Prüfung des Antrags dürfen nun - befristet bis Sommer 2018 - 40 Tiere "entnommen" werden. Die Maßnahme erscheine "gerechtfertigt" und passiere in Kombination mit Prävention, erklärte Tschulik. Die Auswirkungen sollen evaluiert werden. Pernkopf kündigte einen entsprechenden Bescheid für nächste Woche an. Es brauche ein umfassendes Management - ähnlich wie beim Biber.

Die Eingriffe sollen in besonders betroffenen Regionen erfolgen. Landesfischerei- und Teichwirteverband sollen die "Entnahmen" durchführen, erlaubt sind diese nur außerhalb von Naturschutzgebieten. Die Fischotter-Population werde insgesamt nicht kleiner werden, so Tschulik, der von einer "Nettoreproduktionsrate" von 70 bis 100 Tieren pro Jahr sprach. "Die Lösung erscheint uns angemessen", sagte der NÖ Umweltanwalt Thomas Hansmann, für die Ausnahmebewilligung spreche der Schutz anderer gefährdeter Arten.

Außerdem wird die finanzielle Unterstützung der Prävention von Schäden erhöht. Die Förderung für Zäune soll nun von 3.000 auf maximal 5.000 Euro angehoben werden, für Elektrozäune steigt der Zuschuss von 750 auf höchstens 1.000 Euro. 40 Prozent der Waldviertler Teiche seien bereits eingezäunt, sagte der Leiter der Naturschutz-Abteilung. Außerdem soll die Beihilfe des Landes bei Schäden durch sogenannten Ausfraß erhöht werden.

Ursachenforschung

Der WWF sprach sich in einer Aussendung gegen die Tötung des streng geschützten Fischotters aus. "Niederösterreich beschreitet damit einen Sonderweg, der langfristig nicht zum Ziel führen wird, nämlich die Interessen von Naturschutz, Fischern und der Wasserwirtschaft auszugleichen", bedauerte Christian Pichler vom WWF. Der WWF forderte das Land NÖ auf, "seriös" zu untersuchen, "was die tatsächliche Ursache für die schlechte Situation der Fische ist". Die Ursache für den besorgniserregenden Rückgang der Fischfauna liege nicht am Fischotter, sondern am katastrophalen Umgang des Menschen mit seinen Gewässern, hieß es.

Die Organisation zeigte sich in der Aussendung am Freitag über die Vorgangsweise bei der Erarbeitung des Managementplanes enttäuscht. "Wir hätten uns einen breiten Prozess gewünscht, in dem alle Interessengruppen - von Fischern über Naturschützer bis hin zur Verwaltung - an einer gemeinsamen Lösung zur nachhaltigen Sicherung von Fischbeständen und dem Fischotter gearbeitet hätten", sagte Pichler.

Widerstand nimmt zu

Nach dem WWF hat am Freitag auch Vier Pfoten die Tötung von 40 Fischottern bis Sommer 2018 kritisiert. Der zuständige Landesrat Stephan Pernkopf (ÖVP) habe sich mit dieser Entscheidung wirtschaftlichen Interessen der Fischerei gebeugt, hieß es. "Die Tötung der streng geschützten Fischotter ist nicht akzeptabel", hielt Tierschützerin Indra Kley fest.

Der Fischotter ist laut der EU-Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie eine streng geschützte Art. Ein Abschuss sei nicht nur aus Arten-, sondern auch aus Tierschutzsicht abzulehnen. Im Fall der Fischotter liege kein plausibler Grund für eine Tötung vor, meinte Kley, Leiterin des Österreich-Büros von Vier Pfoten. Kritisiert wurde in der Aussendung u.a., dass Alternativen zur "Entnahme" von Individuen vom Land nicht ausreichend geprüft worden seien. Die Tierschützer forderten die sofortige Rücknahme des Beschlusses.