Ein 27-jähriger Mann ist am Mittwoch im Landesgericht für Strafsachen zu fünf Jahren Haft verurteilt worden, weil er am 18. September 2016 in einem Lokal am Wiener Naschmarkt eine 24 Jahre alte Frau vergewaltigt haben soll. "Es gibt keinen Zweifel, dass Sie das gemacht haben", beschied Richter Christoph Bauer dem Angeklagten, der sich als Opfer einer Verwechslung bezeichnet hatte.

Zu sexuellen Handlungen gezwungen

Nach einer durchgefeierten Nacht hatte die 24-Jährige mit ihrem Freund den als "Absackerlokal" bekannten Betrieb an der Linken Wienzeile für ein letztes Getränk aufgesucht. Als sie sich auf der Damen-Toilette die Hände waschen wollte, bekam sie von hinten von einem Unbekannten einen Stoß und wurde in die Kabine geschubst, wobei ihr der Mann folgte, die Tür verriegelte und sie zu sexuellen Handlungen zwang. Danach ergriff er die Flucht.

Als der Freund der jungen Frau mit dieser am darauf folgenden Sonntagmorgen erneut das Lokal ansteuerte, kamen der 24-Jährigen, die das Erlebte bis dahin für sich behalten hatte, im Eingangsbereich die Tränen. An der Türschwelle brach sie ihr Schweigen und erzählte ihrem Partner von der Vergewaltigung. Die beiden trauten ihren Augen nicht, als sie im Lokal den Peiniger wahrnahmen, der an einem Tisch saß. Der Freund der 24-Jährigen lief zu ihm hin, packte ihn am Hals und beschimpfte ihn, ehe er die Polizei verständigte. Der Verdächtige versuchte sich vor den Beamten zu verstecken, indem er auf die Toilette lief und sich hinter der Tür verbarg. Als ihn die Polizisten aufgriffen, rief er ihnen zu: "Ich bin kein Vergewaltiger!" "Dabei haben wir zu dem Zeitpunkt noch gar nicht gewusst, worum es eigentlich geht", erklärte eine Polizistin nun im Zeugenstand dem Schöffensenat.

Verwechslung?

"Dass ich dort war, bestreite ich nicht. Aber ich war das nicht. Sie verwechselt mich", lautete die Verantwortung des Angeklagten. Über die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen sei er "sprachlos und schockiert". Die 24-Jährige erkannte im Angeklagten allerdings eindeutig den Täter wieder. "Eine Verwechslung ist ausgeschlossen, weil ich mir das Gesicht sehr gut gemerkt habe. Und seine Brille", bekräftigte sie zu Beginn ihrer Zeugenbefragung. Abgesehen davon stammt der Mann aus Nigeria und trägt eine auffällige Frisur.

Am Ende hatte der Senat "keinen Zweifel, dass die Zeugin die Wahrheit gesagt hat. So etwas kann man nicht spielen. Wenn das so wäre, könnte man ihr im Burgtheater oder in der Josefstadt einen Vertrag anbieten", hielt Richter Bauer fest. Der Senat sprach der Frau, die sich nach ihrer Anzeige an keine Opferschutzeinrichtung gewandt hatte und daher bisher nicht betreut und behandelt wird, ein Schmerzengeld von 5.000 Euro zu. "Wir sind uns sicher, dass wir das auch ohne eine Expertise begründen können", meinte Bauer. Die Befragung der 24-Jährigen habe deutlich gemacht, "dass sie sehr darunter leidet, was da passiert ist". Zur verhängten Strafe bemerkte Bauer: "Das ist keine milde Strafe. Es gibt aber auch keinen Grund, eine milde Strafe auszusprechen."

Der Angeklagte reagierte auf seine Verurteilung aufgebracht: "Glauben Sie wirklich, dass das angebracht ist? Fünf Jahre für nichts!" Nach Rücksprache mit seiner Verteidigerin erbat er Bedenkzeit. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.