Die bereits im Ministerrat abgesegnete Enteignung und Entschädigung der Besitzerin von Adolf Hitlers Geburtshaus ist am Dienstag doch noch nicht auf den parlamentarischen Weg gebracht worden. Die Beratungen im Innenausschuss des Nationalrates wurden aus Zeitgründen vertagt, weil man zu ausführlich über Sicherheitsthemen diskutierte.

Zuletzt hatten Aussagen von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), wonach das Haus in Braunau abgerissen werden soll, für Verwirrung gesorgt. Nachdem die zuständige Expertenkommission klargestellt hatte, dass sie gegen einen Abriss sei, präzisierte der Minister, das Haus solle derart umgestaltet werden, dass eine "Wiedererkennung" unmöglich wird.

Zu einer Diskussion des Gesetzesentwurfs über die Enteignung der Besitzerin kam es im Innenausschuss am Dienstag unterdessen nicht, denn dort wurde fast dreieinhalb Stunden über andere Themen wie die Kriminalitätsstatistik debattiert.

"In der Empfehlung steht nichts von einem Abriss", hatte zuvor der Braunauer Bürgermeister Hannes Waidbacher (VP), Mitglied der Kommission, erklärt. Tatsächlich empfehle die Kommission "eine tiefgreifende architektonische Umgestaltung", die den "Wiedererkennungswert und die Symbolkraft des Gebäudes dauerhaft unterbinden" soll, so Waidbauer in den "Oberöstereichischen Nachrichten" (Dienstag-Ausgabe). Auch Cornelia Sulzbacher, die Leiterin des oberösterreichischen Landesarchivs, zeigt sich überrascht von der Abriss-Interpretation des Innenministers: "Wir haben empfohlen, das Geburtshaus in seinem Aussehen so zu verändern, dass es nicht mehr als Symbol verwendet werden kann und zu keiner Pilgerstätte wird."

Positiven Kontrapunkt setzen

Eine sozial-karitative Nutzung (z.B. eine Tagesstätte für Menschen mit Behinderungen), wie sie bereits an diesem Ort über viele Jahre stattgefunden hat, würde nach Ansicht der Experten "ein lebensbejahendes Zeichen und einen Kontrapunkt zu den von Hitler begangenen Verbrechen setzen. Eine lebensbejahende und alltagsbezogene Nutzung wäre "geeignet die bisherige Symbolik dieses Ortes zu durchbrechen".

"Eine Nutzung für behördlich-administrative Zwecke wäre alltagsbezogen und ließe sich unauffällig ins gesellschaftliche Leben integrieren. Die Nutzung durch eine Behörde z.B. als Amtsräume für das Finanzamt oder als Polizeiinspektion wäre aufgrund des beschränkten Zutritts für die Öffentlichkeit und der Präsenz der staatlichen Hoheitsgewalt gut geeignet, die Zielsetzung des Enteignungszwecks zu erfüllen. Darüber hinaus wäre bei einer staatlichen Institution auch eine hohe Beständigkeit und Vertrauen der Öffentlichkeit gegeben", heißt es in dem der APA vorliegenden Abschlussbericht der Kommission.

Die Kommission empfiehlt, das Objekt keiner Nutzung zuzuführen, die eine weitere Assoziierung mit der Person Hitlers oder Identifikation mit dem Nationalsozialismus in irgendeiner Form begünstigen könnte, wie dies insbesondere durch eine Musealisierung oder auf andere Weise durch eine dauerhaft betonte Verbindung mit der Person Hitlers der Fall sein kann".

Ein museales oder edukatives Projekt - auch wenn es sich mit der Aufarbeitung der NS-Zeit beschäftigt - führt nach Ansicht der Kommission "zu einer weiteren Assoziierung des Ortes mit der Person Hitlers und birgt deshalb die Gefahr, auf verpönte Personen und Gruppierungen weiterhin unerwünschte Anziehungskraft auszuüben. Die Nutzung muss nach Ansicht der Kommission daher darauf gerichtet sein, die Symbolik des Ortes zu durchbrechen, indem ein gegenteiliges Zeichen gesetzt wird."

Keinerlei Verbindung zu Hitler 

Sobotka selbst erklärte am Montag Abend in einer Aussendung, er teile die Ansicht der Kommission, "wonach eine tief greifende architektonische Umgestaltung sinnvoll ist, um sowohl den Wiedererkennungswert als auch die Symbolkraft des Gebäudes dauerhaft zu unterbinden". Dabei wäre nach Neugestaltung des Gebäudes eine soziale oder behördliche Nutzung denkbar. In jedem Fall solle aber keinerlei Verbindung zur Person Adolf Hitlers bestehen bleiben, da ansonsten der Mythos des Geburtshauses fortgeschrieben werden würde, so Sobotka in der Aussendung.

Die Tageszeitung "Die Presse" hatte den Innenminister zuvor mit den Worten zitiert: "Das Hitler-Haus wird abgerissen." Unter Berufung auf die Empfehlung der Expertenkommission hatte Sobotka in der Zeitung erklärt: "Die Kellerplatte kann bleiben, aber es wird ein neues Gebäude errichtet."