Vor allem die Migration und Rocker-Clubs, die sich in den vergangenen Jahren in Österreich gegründet haben, stellen die Spezialisten des Bundeskriminalamts (BK) für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (OK) derzeit vor neue Herausforderungen. Dazu kommt mit Tätergruppen aus Eurasien und aus den Balkanstaaten ein weiterer Schwerpunkt.

Ein Lagebild, wie es am Freitag in Deutschland vom Bundeskriminalamt in Wiesbaden veröffentlicht wurde, gibt es hierzulande nicht. Allerdings berichtet das Büro für OK-Bekämpfung im Bundeskriminalamt jedes Jahr an Europol für den in Den Haag erstellten jährlichen Lagebericht (SOCTA-Bericht). Die Zahlen werden derzeit gerade im BK aufbereitet und werden in den SOCTA-Bericht 2017 einfließen. Daher liegen die wirklich aktuellen Zahlen nicht vor.

Drogen, Schutzgeld, Cybercrime

Doch die Ermittler haben in ihrer Arbeit derzeit vor allem drei Themen im Auge: "Wir wollen unter allen Umständen verhindern, dass sich aufgrund der Migrationslage Bandenkriminelle hier festsetzen und aktiv werden", sagte ein Experte am Freitag zur APA. Das betrifft demnach vor allem afghanische, tschetschenische und nordafrikanische Tätergruppen aus Marokko, Algerien und Tunesien. Vor allem Drogen, Schutzgeld, Cybercrime und Falschgeld sind die Sparten, in denen diese Gruppierungen aktiv sind. Man registriere auch einen zunehmend stärker werdenden Organisationsgrad bei tschetschenischen Banden, die bisher eher als Handlanger anderer Syndikate aufgetreten seien.

Tätergruppen aus Serbien, Montenegro und Albanien sind der zweite Schwerpunkt für die Ermittler des BK. Auch hier geht es in erster Linie um Drogen, Schutzgeld und nach wie vor Juwelier-Überfälle, bei denen die Täter noch immer im Stil der viel zitierten "Pink Panther" agieren.

Rockerkriminalität im Steigen

Das dritte große Thema ist die Rockerkriminalität. "Wir wollen ein Überschwappen der Probleme aus Deutschland um jeden Preis verhindern", sagte der Experte. Der größte Club sind in Österreich noch immer die Hells Angels. Daneben drängen aber jüngere Clubs ins Rampenlicht, etwa die Osmanen und die United Tribuns. Bei diesen jüngeren Gruppierungen tritt das Motorradfahren zunehmend in den Hintergrund. Kontrolle der Türsteherszene, Prostitution, Waffenhandel sind hier durchaus Themen.

Ein Krieg wie in Deutschland ist zwischen Hells Angels und Bandidos hierzulande nicht zu erwarten, einfach, weil es in Österreich keine offizielle Bandidos-Filiale (Chapter) gibt. Wer mit wem in dieser Szene im Clinch liegt, sei eine sehr diffizile Geschichte und oft abhängig von den handelnden Personen.

Einen Trend beobachteten die heimischen OK-Ermittler in den vergangenen Jahren immer stärker: den zunehmenden Grad der Bewaffnung. "Zumindest ein Messer hat praktisch jeder Beteiligte eingesteckt, oft auch mehr", sagte der Insider.

"Klassische" Felder der Organisierten Kriminalität sind in Österreich ebenfalls ein Thema. Georgische "Diebe im Gesetz", wie die höchsten Autoritäten der OK in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion genannt werden, nutzen Österreich allerdings ebenso eher als Rückzugsgebiet und Ort für strategische Treffen wie Vertreter der italienischen Mafiaorganisationen, vor allem der 'Ndrangheta aus Kalabrien sowie der neapolitanischen Camorra. Weil diese Kartelle kaum einmal Österreich als Operationsgebiet nutzen, wird in der Öffentlichkeit nur wenig über deren Aktivitäten bekannt.