Vor genau einem Jahr - am 27. August 2015 - entdeckte ein Mitarbeiter der Asfinag auf der Ostautobahn (A4) bei Parndorf einen etwa 7,5 Tonnen schweren Kühl-Lkw, der in einer Pannenbucht abgestellt war. Damit wurde eines der schwersten Flüchtlingsdramen Kontinentaleuropas bekannt. In dem Lastwagen befanden sich die Leichen von 71 Flüchtlingen. Gerichtlich ist der Fall ein Jahr später weiter offen.

Prozess in Ungarn

Auch wenn das Drama in Österreich entdeckt worden ist, wird der Sachverhalt in Ungarn gerichtlich abgehandelt werden. Die Flüchtlinge, die an der ungarisch-serbischen Grenze übernommen und in den Lastwagen gepfercht worden waren, sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch auf ungarischem Staatsgebiet gestorben. Folgerichtig übernahmen die ungarischen Behörden im vergangenen November das Verfahren, zuständig ist die Staatsanwaltschaft Kecskemet, wo der Lkw gestartet sein dürfte.

Fünf der Schlepperei Verdächtige sitzen in Zusammenhang mit dem Fall in Untersuchungshaft, die zuletzt Ende Mai für weitere drei Monate verlängert wurde. Die Anklageerhebung ist weiterhin offen. Allerdings mehren sich die Signale, dass die Staatsanwaltschaft in Kecskemet kurz davor steht, ihre Arbeit diesbezüglich abzuschließen.

Drei Familien mit Kindern

Den Ermittlern, die den Lkw öffneten, bot sich ein grauenhaftes Bild. 71 Menschen aus Afghanistan, Syrien, dem Irak und dem Iran hatten auf engstem Raum in dem luftdicht abgeschlossenen Lastwagen um ihr Leben gekämpft. Unter ihnen befanden sich drei Familien mit mehreren Kindern. Die burgenländische Justiz bezifferte den Zeithorizont, in dem die Flüchtlinge in dem Lastwagen hätten überleben können, mit nicht mehr als drei Stunden.

Es dauerte Tage, die Leichen aus dem Schwerfahrzeug zu holen. Monate vergingen, bis sie identifiziert waren. Die Identifikation der Toten und die Abtretung des Strafverfahrens war ein Abschluss der Ermittlungen für die Exekutive im Burgenland. Wie viel die Amtshandlung gekostet hat, wurde von offizieller Seite nicht bekanntgegeben. Dem Vernehmen nach handelte es sich um einen mittleren sechsstelligen Euro-Betrag.

Der Fall löste national wie international große Betroffenheit aus. Nur wenige Tage nach dem Bekanntwerden des Dramas begann die große Flüchtlingswelle. Zehntausende hatten sich auf den Weg gemacht und reisten über den Balkan und Österreich weiter in Richtung Deutschland.